Strom­tras­sen und Frack­ing – völ­ker- und euro­pa­rechts­wid­rig geplant

Ein Update von Bri­git­te Art­mann zu unse­rer Kla­ge vor dem Aar­hus Komi­tee, das ich ger­ne wei­ter­ge­be. Es han­delt sich um die offi­zi­el­le Pres­se­er­klä­rung zum nächs­ten voll­zo­ge­nen Schritt. Dr. Roda Ver­he­yen hat ihre Stel­lung­nah­me zur Anhö­rung anläss­lich der Ände­rung des Umwelt­rechts­be­helfs­ge­set­zes abgegeben.

Strom­tras­sen und Frack­ing – völker- und euro­pa­rechts­wid­rig geplant

Markt­red­witz. 18.05.2016. In einer Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf der Novel­le des Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­set­zes (UmwRG) stellt die von der Aar­hus Kon­ven­ti­on Initia­ti­ve beauf­trag­te Rechts­an­wäl­tin Dr. Roda Ver­he­yen von der Kanz­lei Günther/Hamburg fest, dass die Umset­zung bei den Strom­tras­sen-Pla­nun­gen, bei Frack­ing, Braun­koh­le­ab­bau, sowie bei ande­ren umwelt­re­le­van­ten Plä­nen und Pro­gram­men ins­be­son­ders in Bezug auf die Rech­te von Indi­vi­du­en völ­ker- und euro­pa­rechts­wid­rig ist. Die Stel­lung­nah­me liegt dem Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­um vor. Soll­ten die Män­gel nicht besei­tigt wer­den, kommt es zur Beschwer­de vor dem UN Aar­hus Komi­tee. Die Klä­ge­rin Bri­git­te Art­mann aus Markt­red­witz sagt: „Kon­kret heißt das, nicht nur die Strom­tras­sen wer­den wider­recht­lich geplant.“

In der Zusam­men­fas­sung der Stel­lung­nah­me steht: Die deut­schen Rege­lun­gen zum Gerichts­zu­gang in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten, ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf Plä­ne und Pro­gram­me, sind unter ver­schie­dens­ten Aspek­ten bis­her nicht im Ein­klang mit den Anfor­de­run­gen der UN ECE Aar­hus-Kon­ven­ti­on umge­setzt wor­den. Dies führt zu einem per­ma­nen­ten Zustand des völ­ker­rechts­wid­ri­gen Ver­hal­tens, das aber inner­staat­lich nicht sank­tio­niert wird. Der Ein­zel­ne darf sich auf­grund der dua­lis­ti­schen Grund­ent­schei­dung (Völ­ker­recht – natio­na­les Recht) nicht direkt dar­auf beru­fen, dass die natio­na­len Geset­ze unzu­rei­chend sind. Ins­be­son­de­re ist der durch die Aar­hus-Kon­ven­ti­on vor­ge­ge­be­ne Gerichts­zu­gang von Indi­vi­du­al­klä­gern in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten nicht aus­rei­chend in das deut­sche Recht über­nom­men wor­den. Um die­se 3. Säu­le der Aar­hus-Kon­ven­ti­on, access to jus­ti­ce, geht es im vor­lie­gen­den Ent­wurf des Umwelt­rechts­be­helfs­ge­setz (UmwRG).

Nur Umwelt­ver­bän­de erhal­ten stär­ke­re Klagerechte

Eine aus­drück­li­che Auf­nah­me von Kla­ge­rech­ten von Indi­vi­du­en in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten in das Umwelt­rechts­be­helfs­ge­setz wäre zur Umset­zung der Vor­ga­ben aus Art 9 Abs. 2 und 3 Aar­hus-Kon­ven­ti­on in Ver­bin­dung mit Art. 2 Nr. 4 und 5 Aar­hus-Kon­ven­ti­on erfor­der­lich, wird aber nicht vor­ge­schla­gen. Die im Ent­wurf vor­ge­schla­ge­ne Erwei­te­rung des Gerichts­zu­gangs von aner­kann­ten Umwelt­ver­bän­den kann nicht den unzu­rei­chen­den Gerichts­zu­gang von Indi­vi­du­al­klä­gern in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten kom­pen­sie­ren. Eine Umset­zung der Vor­ga­ben der Aar­hus-Kon­ven­ti­on kann nicht nur über die Aus­wei­tung der Ver­bands­kla­ge­be­fug­nis­se erreicht wer­den. Denn die Aar­hus-Kon­ven­ti­on schreibt eine Gleich­be­hand­lung von Indi­vi­du­al­klä­gern und Umwelt­ver­bän­den vor. Eine Pri­vi­le­gie­rung der Umwelt­ver­bän­de zulas­ten des Gerichts­zu­gangs von Indi­vi­du­en ist mit der men­schen­recht­li­chen Aus­ge­stal­tung der Aar­hus-Kon­ven­ti­on, das indi­vi­du­el­le Men­schen­recht auf eine gesun­de Umwelt durch Infor­ma­ti­ons­rech­te, Par­ti­zi­pa­ti­ons­rech­te und den Zugang zu Gericht durch­zu­set­zen, nicht zu ver­ein­ba­ren. Durch die Kon­ven­ti­on soll der Schutz der (eige­nen) Umwelt und Gesund­heit als indi­vi­du­el­les Recht durch­ge­setzt wer­den kön­nen. Dazu ist auch einen wei­ter Zugang zu Gericht in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten für Indi­vi­du­en erfor­der­lich. Die vor­ge­se­he­nen Ände­run­gen des Umwelt­rechts­be­helfs­ge­set­zes sind daher nicht geeig­net, die völ­ker­recht­li­chen Vor­ga­ben der Aar­hus-Kon­ven­ti­on zum Zugang zu Gericht in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten aus­rei­chend umzu­set­zen. Das Ziel, Kon­for­mi­tät der deut­schen Rege­lun­gen zum Gerichts­zu­gang in Umwelt­an­ge­le­gen­hei­ten mit den Anfor­de­run­gen des Arti­kels 9 Abs. 2 und 3 Aar­hus-Kon­ven­ti­on wur­de damit ver­fehlt. Der Beschluss V/9h der 5. Ver­trags­staa­ten­kon­fe­renz ist wei­ter­hin nicht aus­rei­chend in das deut­sche Recht umgesetzt.

Inhalt­lich unzureichend

Unab­hän­gig davon, wer gericht­lich vor­ge­hen kann, ist auch wei­ter­hin der Zugang zu Gerich­ten inhalt­lich zu stark begrenzt. Zwar soll der völ­ker­rechts­wid­ri­ge Zustand im Hin­blick auf den feh­len­den Rechts­schutz gegen Ent­schei­dun­gen über Plä­ne und Pro­gram­me im Sin­ne des Art. 7 Aar­hus-Kon­ven­ti­on, 9 Abs. 3 Aar­hus-Kon­ven­ti­on durch die neue Zif­fer 4 des § 1 Abs. 1 Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­setz (UmwRG) besei­tigt wer­den, gleich­zei­tig wer­den aber alle Bedarfs­ge­set­ze aus­ge­nom­men, kon­kret ins­be­son­de­re der Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan, alle Lini­en­be­stim­mungs-ent­schei­dun­gen für Fern­stra­ßen und Bun­des­was­ser­stra­ßen, alle Raum­ord­nungs­ver­fah­ren, die Bun­des­fach­pla­nung für die Über­tra­gungs­net­ze, der Bun­des­fach­plan Off­shore Wind sowie alle zukünf­ti­gen Fest­stel­lun­gen, die per Gesetz beschlos­sen wer­den. Damit nimmt der Gesetz­ge­ber außer­or­dent­li­che umwelt­re­le­van­te Ent­schei­dun­gen vom Kla­ge­recht aus und folgt gera­de nicht der Vor­ga­be des Stand­ort­aus­wahl­ge­set­zes, son­dern dem übli­chen Aus­schluss von Rechts­schutz gegen Grund­satz­ent­schei­dun­gen. Dies auch des­halb, weil etwa im Bereich des Berg­rechts (z.B. Frack­ing) grund­sätz­lich kei­ne stra­te­gi­sche UVP* erfor­der­lich ist, außer, es wird frei­wil­lig ein Raum­ord­nungs­plan auf­ge­stellt (unter­ir­di­sche Nut­zung, Braun­koh­len­plä­ne). Auch die neu­en Kla­ge­rech­te gegen Ver­wal­tungs­ak­te nach Zif­fer 5 und 6 las­sen immer noch Lücken im wirk­sa­men Voll­zug des mate­ri­el­len Umwelt­rechts. Die pro­zes­sua­len Prä­k­lu­si­ons­nor­men (Kla­ge­be­grün­dungs­fris­ten) wer­den nur im Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­setz aber nicht in den Fach­ge­set­zen besei­tigt – damit bleibt die­se Umset­zung völ­ker- und europarechtswidrig.

Die Lang­fas­sung fin­det man bei /www.aarhus-konvention-initiative.de””>www.aarhus-konvention-initiative.de

 

* Stra­te­gi­sche Umwelt­ver­träg­lich­keits­prü­fung (Anmer­kung Artmann)

V.i.S.d.P.

Aar­hus Kon­ven­ti­on Initiative

Bri­git­te Artmann

brigitte-artmann@aarhus-konvention-initiative.de

/www.aarhus-konvention-initiative.de””>www.aarhus-konvention-initiative.de

 

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