In wenigen Tagen ist es soweit, das Who is Who der deutschen und zum Teil auch internationalen Energiewirtschaft gibt sich wieder ein Stelldichein in Berlin. Auf Einladung des Handelsblattes trifft man sich heuer bereits zum 15. Mal vom 20. – 22.Januar zur Handelsblatt Jahrestagung „Energiewirtschaft“.
Das erklärt das von Industrie und Politik seit wenigen Tagen veranstaltete Säbelrasseln in Sachen Energiewende. Hier ein kurzer Rückblick.
Pünktlich zu Neujahr tritt der Chef des einflussreichen Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) Ulrich Grillo auf den Plan und greift Ministerpräsident Horst Seehofer, ja ganz Bayern an. Dort wolle man die Energiewende verhindern, da die leidigen Stromtrassen in den Süden immer noch diskutiert werden.
Wenige Tage später geht auch Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel Seehofer an und verlangt eine Entscheidung pro Trassen im Januar, obwohl der ergebnisoffene Energiedialog am 02.02.2015 endet. Gabriels Wortmeldung darf aber nicht weiter verwundern, ist doch auch der Vizekanzler zur Tagung eingeladen und will sich wohl gleich richtig in den erlauchten Kreis einführen. Immerhin darf er den Einführungsvortag halten.
Hier weitere Referenten, mit einer kurzen Darstellung ihrer gegenwärtigen Position. Jeder Leser kann sich dann selbst eine Meinung bilden.
Dr. Johannes Teyssen, Vorsitzender des Vorstandes E.ON SE. referiert zu „Chancen und Margen im künftigen Energiegeschäft“ mit dem Unterpunkt „Rolle internationaler Märkte für deutsche Unternehmen“
Dr. Rolf Martin Schmitz, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes, RWE AG und Präsidiumsmitglied BDEW e. V. erläutert „Die Zukunft des Industriestandortes Deutschland“
Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge ist Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) und tritt als Moderator auf.
Das erklärte Motto seines Institutes lautet „Energiemärkte erforschen – Entscheidungen verbessern“. Im Vorstand sitzen neben Dieter Steinkamp, Präsident der RheinEnergie auch Dr. Guido Knott, Vizepräsident der E.ON und Ewald Woste, Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Energiewirtschaft (BDEW). Gefördert wird das Institut unter anderem durch E.ON und RWE. Den Grund für diese Förderung gibt ein Auszug aus dem Fördervertrag wider:
Energieökonomische Forschung leistet einen wichtigen Beitrag … zu der Entwicklung der globalen, europäischen und nationalen Energiemärkte sowie zur Wirkungsweise und geeigneten Ausgestaltung alternativer Ordnungsmechanismen. Um in diesem Prozess die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger umfassend beraten zu können, muss die Wirtschaftswissenschaft erhebliche, laufend weiter zu entwickelnde Forschungsanstrengungen unternehmen.
Mit „Forschungsanstrengungen der Wirtschaftswissenschaft“ ist klar eine Forschung nach Handlungs- und Strategieempfehlungen gemeint, mit der Öffentlichkeit und Politik „beraten“ werden sollen.
Das wurde bereits im ersten Halbjahr 2014, vor der Reform des EEG, praktiziert. Es gab mindestens 60 Treffen zwischen Energielobbyisten und der Bundesregierung, den weitaus größten Teil trug die Kohlesparte bei, voRWEg ging RWE-Chef Terium, der alleine 6 der 11 Konzerntermine mit Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel wahrnahm. Aber auch der E.On Vorstand besuchte die Kanzlerin mehr als einmal.
Lobbypedia hat auch Informationen zu Prof. Bettzüge:
Prof. Bettzüge war als Direktor maßgeblich an der Erstellung der Studie “Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung” beteiligt, die der Bundesregierung bei der Erstellung Ihres Energiekonzeptes 2010 als Basis diente. Die Studie geriet in die Kritik der Medien, da sowohl das EWI, als auch die Professur von Herr Bettzüge massiv von der Energiewirtschaft gefördert wurde. Bemerkenswert am auf der Studie basierenden Energiekonzept der Bundesregierung war die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke.
- www.handelsblatt-energie.de/
- www.t‑online.de/wirtschaft/energie/versorgerwechsel/id_72340686/energiewende-industrie-warnt-seehofer-vor-alleingang-in-bayern.html
- www.bild.de/bild-plus/politik/inland/sigmar-gabriel/im-exklusiv-interview-energiewende-pegida-russland-hartz-iv-39184104,var=a,view=conversionToLogin.bild.html
- www.ewi.uni-koeln.de/
- www.ewi.uni-koeln.de/fileadmin/user_upload/Institut/Presse/Pressemitteilungen/Ergaenzungen/08_09_11_Neues_EWI_Flyer.pdf
- www.oberpfalznetz.de/zeitung/4307845–455-klinkenputzen-im-kanzleramt,1,0.html
- lobbypedia.de/wiki/Marc_Oliver_Bettz%C3%BCge
Danke für diese Einblicke-da wundert einen nichts mehr-eine einzige “Vetterleswirtschaft”!
Lg Anita
Ja, diese Verflechtungen sind erschreckend. Vielen Dank an Maria für diese ausführliche Dokumentation, die aber ja nur die Verbindung “Energiewirtschaft – Wissenschaftsgutachten – Politik” hervor hebt.
Die eigentlichen Drahtzieher, die den entscheidenden Renditedruck auf dieses System ausüben, sind in den Reihen des Großkapitals zu suchen: Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften und sonstige Kapitalsammelstellen. lhnen geht es allein um das Erreichen der Zielrendite.
Beispiel “Amprion”:
25,1% der Anteil hält RWE, die übrigen 74,9% sind in Händen von:
– Münchner Rück (einer der größten Rückversicherer weltweit),
– ERGO-Versicherung,
– Swiss Life (größter europäischer Vesicherungskonzern)
– talanz Versicherungen und Finanzen (drittgrößter dt. Versicherungskonzern),
– HDI Gerling Versicherungen
– Ärzte-Versorgung Westfalen-Lippe (eines des größten Ärzteversorgungswerke Deutschlands).
Für alle diese rein renditeorientierten Unternehmen garantiert etwa die Süd-Ost-Trasse eine “langfristig abgesicherte Rendite aus reguliertem Geschäft” (Zitat aus einer Präsentation von Amprion).
Diese Phalanx, der wir da gegenüber stehen, ist gewaltig.
Doch wir sind ebenfalls gut vernetzt und – das ist das Entscheidende – wir sind wild entschlossen und voller Leidenschaft, diesen Irrsinn der Monstertrasse zu verhindern. Die letzten Monate haben gezeigt, dass wir sehr wohl an den Grundfesten dieser Kapital-/Energie-Phalanx rütteln können. Und wir sind noch lange nicht am Ende. 🙂
Es bleibt weiter spannend.