Offe­ner Brief an das Wirtschaftsministerium

von Inge Hof­gärt­ner <inge.hofgaertner@freenet.de>

Die besorg­nis­er­re­gen­de Fra­ge, ob die neue Geld­druck­ma­schi­ne in der Gestalt einer Mons­ter­strom­tras­se bereits beschlos­se­ne Sache ist, drängt sich nach Besuch des zwei­ten Bür­ger­dia­logs förm­lich auf. Um die Minis­te­rin zu einer kla­ren Stel­lung­nah­me auf­zu­for­dern, wur­de fol­gen­der offe­ner Brief verfasst. 

Die alles ent­schei­den­de Fra­ge nach der Bedarfs­re­chung steht noch im Raum, viel­mehr scheint sich der Ver­dacht zu erhärten.

Inves­ti­ti­ons­rui­ne Mons­ter­tras­se als Zwi­schen­lö­sung der Energiewende?

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag, den 17.01.2015 luden Sie, Frau Aigner, erneut zum Bür­ger­dia­log in Ihr Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um ein.

Lei­der hat sich bei Ihrer Anspra­che erneut fol­gen­der Feh­ler ein­ge­schli­chen: der Ener­gie­dia­log sei kein Tras­sen­dia­log. Das ist falsch, da mit dem Aus­bau der Strom­net­ze die Gestal­tung der Ene­rie­ver­sor­gung über Jahr­zehn­te hin­aus zemen­tiert wird. Der Bau der HGÜ­-Lei­tung kon­ter­ka­riert die Zie­le einer Vernunft­gesteuerten Ener­gie­wen­de. Wenn Sie ehr­lich sind, wis­sen auch Sie, dass durch die­se Lei­tung in vie­ler­lei Hin­sicht schmut­zi­ger Braun­koh­lestrom flie­ßen wird.

Ver­ges­sen Sie bit­te nicht, auf sach­lich fun­dier­ter Basis zu ent­schei­den. Es geht um die Not­wen­dig­keit des Ener­gie­trans­ports und nicht den Nut­zen eini­ger weni­ger auf Kos­ten Ihrer Bür­ger. Sie wur­den als Volks­ver­tre­ter und nicht als Macht­in­stru­ment der Lob­by­ver­tre­ter gewählt.

Fol­gen­de Ver­ständ­nis­fra­gen zur Glaub­wür­dig­keit und Berech­nungs­ba­sis unse­rer zukünf­ti­gen Ener­gie­ver­sor­gung habe ich Ihnen beim Dia­log gestellt. Lei­der waren Ihre Ant­wor­ten mager bis besorgniserregend.

  1. Wo ist die belast­ba­re Bedarfs­rech­nung? Wel­cher Strom wird wie pro­du­ziert und wo gebraucht? Kön­nen Sie mit Ihrer Unter­schrift gewähr­leis­ten, dass durch die Tras­se kein Braun­koh­lestrom flie­ßen wird?
    Was ist wenn im Nor­den Flau­te herrscht?

    Im schlimms­ten Fall fließt gar kein Strom durch die Lei­tun­gen, weil sie kei­ner braucht und der Netz­be­trei­ber streicht sat­te Ren­di­te ein. Die Inves­ti­ti­ons­rui­ne ist jetzt schon erkenn­bar, da Vat­ten­fall aus der Braun­koh­le­ver­stro­mung aus­stei­gen wird. Para­de­bei­spie­le für Fehl­ent­schei­dun­gen unse­rer Volks­ver­tre­ter sind die folgenden:
    • Kal­kar
    • Wie­der­auf­be­rei­tungs­an­la­ge Wackersdorf 
    • Rhein/Main/Donau­Kanal
    • ICE­Strecke von Mün­chen nach Nürnberg
    • ­ Koh­le­kraft­werk Moor­burg bei Hamburg
  2. Müs­sen wir alles umset­zen, was einen Nut­zen für den Betrei­ber ergibt? Auf wes­sen Kos­ten?
    Eine Fra­ge, die sich für den Netz­be­trei­ber sowie­so nicht stellt, da die Ren­di­te von 9,05% mit der Inves­ti­ti­on ver­knüpft ist und sich nicht am Bedarf des Ener­gie­trans­ports ori­en­tiert, was ein höchst frag­wür­di­ges Geschäfts­mo­dell darstellt.
  3. Wenn der Netz­aus­bau teu­rer wird, wer zahlt die Mehr­kos­ten? Gibt´s dann die Ren­di­te auf die maxi­ma­len Kosten?
  4. Wer zahlt den Scha­den der TrassenAnrainer?

Die ein­zi­ge Fra­ge, auf wel­che Sie geant­wor­tet haben, war die etwas lapi­dar gestell­te nach Ihrer Unter­schrift unter Punkt 1. Auch Nicht­Physikern ist bekannt, dass Strom aus dem Netz “grau” ist. Jedoch kön­nen bei der für stre­cken­wei­ten Ener­gie­trans­port geplan­ten HGÜ­Leitung, mit defi­nier­tem Start­ und End­punkt, sehr wohl bewuss­te Ein­spei­se­punk­te für Braun­koh­le vor­ge­se­hen werden.

Die zen­tra­le Fra­ge nach der belast­ba­ren Bedarfs­rech­nung haben Sie erst nach Nach­ha­ken mei­ner­seits mit einem gemur­mel­ten “das machen wir ja gera­de” vom Tisch gewischt. Dabei ist das die Fra­ge aller Fra­gen, die Sie trau­rig genug erst jetzt begin­nen zu eru­ie­ren. Wür­den Ihre Bür­ger nicht seit bald einem Jahr auf die Bar­ri­ka­den gehen, stün­den schon die Bag­ger vor der Tür…

Wir könn­ten laut Ihrer Aus­sa­ge nicht von heu­te auf mor­gen aus Atom­ und fos­si­ler Ener­gie aus und auf 100% erneu­er­ba­re Ener­gien umstei­gen. Wir bräuch­ten eine Zwi­schen­lö­sung. Auf mein mehr­ma­li­ges Nach­boh­ren, ob die Strom­tras­sen die­se Zwi­schen­lö­sung sein sol­len, kam erschre­cken­der­wei­se kei­ne Ant­wort. Das ist eine kla­re Aus­sa­ge, Frau Aigner. Wel­che Geld­druck­ma­schi­ne kann für einen Pro­fit­gier­ge­trie­be­nen Inves­tor lukra­ti­ver sein?

Ich kann aus den Fra­gen aus Erman­ge­lung an Ant­wor­ten nur fol­gen­de Quint­essenz zie­hen: Die Glaub­wür­dig­keit der Lobby­getriebenen Ener­gie­wen­de ist in höchs­tem Maße frag­wür­dig. Es gibt kei­ne belast­ba­ren Stu­di­en, kei­ne nach­voll­zieh­ba­ren Berech­nun­gen, kei­ne Logik. Mei­ne Kern­fra­ge bleibt: Wer hat den Nut­zen auf wes­sen Kosten?

Ich for­de­re eine kla­re Stel­lung­nah­me zu mei­nen Fra­gen. Ansons­ten muss ich Ihnen will­kür­li­che, unbe­grün­de­te Ent­schei­dun­gen für letzt­lich unbe­nö­tig­te Pro­jek­te, völ­lig am Bedarf vor­bei rea­li­siert, unterstellen.

Der Brief zum Download

 

Ein Gedanke zu „Offe­ner Brief an das Wirtschaftsministerium“

  1. Ein Tipp dazu: Heu­te Abend läuft im Baye­ri­schen Fern­se­hen um 20.15 Uhr die Sen­dung “Bür­ger­fo­rum live” aus Nie­der­schö­nen­feld. Til­man Schö­berl mode­riert zum The­ma “Strom­tras­sen” und Nata­scha Koh­nen, SPD sowie Erwin Huber, CSU sind zu Gast in der Sendung.
    Bereits letz­tes Jahr, am 26.02.2014 waren die Strom­tras­sen The­ma die­ser Sen­dung, damals wur­de aus Peg­nitz gesen­det, in der BR-Media­thek abruf­bar unter
    http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/buergerforum-live/stromtrasse-franken-amprion-seehofer-pegnitz-buergerforum-live-100.html
    Die Sen­dung ver­spricht kurz vor dem Ende des Ener­gie­dia­logs inter­es­sant zu wer­den, also bit­te anschauen.

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