Bodo Ramelow (Ministerpräsident von Thüringen, die Linke) sagte in einem Interview: “Seehofer macht Politik gegen Berlin auf Kosten Thüringens”.
Sehr kurz gedacht von Ramelo, ich sage “Seehofer macht Politik für Bürger, auf Kosten Berlins”. Warum soll denn Seehofer nicht Politik gegen Berlin machen? Wenn Berlin Unrecht hat, muss dagegen vorgegangen werden. Diverse Ministerpräsidenten attackierten den Bayerischen Ministerpräsidenten in den vergangenen Tagen. Völlig unverständlich für mich, tut Seehofer doch das, was sein Auftrag ist. Er vertritt die Interessen der Bürger, diese Interessen sind eine saubere Energiewende, ohne Kohlestromtrassen.
Zur Zeit wirkt es so als wollen die nördlichen Bundesländer auf Biegen und Brechen ihren Strom nach Bayern abtransportieren, koste es was es wolle. Aber sollen die Bürger, die an unerprobten und unnötigen Trassen wohnen für eine Fehlplanung gerade stehen? Eine Fehlplanung, die auf falschen Angaben bei der Trassenplanung beruht und auf reine Gewinnmaximierung ausgerichtet ist? Im Netzentwicklungsplan wird weiter auf Kohle gesetzt und dieser dreckige Strom, soll über die unnötigen Trassen, vorbei am NOVA-Prinzip, durch Europa geleitet werden.
Die betroffenen Bürger der Thüringer Strombrücke müssen sich jetzt von ihrem Ministerpräsidenten Sätze anhören wie “Es wurden Trassen durch die Natur geschlagen, gegen den erbitterten Widerstand der Bürger vor Ort. Und nun will Bayern den Strom dort gar nicht haben”. Das ist Politik liebe Leser, wir bauen Trassen, auch gegen den erbitterten Widerstand der Bürger. Danach sehen wir mal, was passiert. Provokant gesagt klingt das nach Planwirtschaft, es wird produziert auch wenn es keiner braucht.
Ramelow relativiert seine Aussagen, denn er zeigt eine gewisse Einsicht, er fordert, “dass vermeidbare Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger auch tatsächlich vermieden werden”. Das Problem was Ramelow hat, sind drei Schneisen, die durch Thüringen gezogen werden sollen, die Stromtrasse, die neue ICE-Strecke zwischen Erfurt und Nürnberg sowie eine Bahnstromtrasse. In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel forderte er eine bessere Koordinierung der Planungen, so dass alle Projekte mit einer Schneise realisiert werden können. Er machte auch das Angebot an Bayern, das Pumpspeicherwerk Goldisthal als Reserve bereit zu stellen, sollte in Bayern ein Stromengpass zu erwarten sein.
Beim Bau der Trassen beruft man sich auf Planungen, die vor mehr als zehn Jahren begonnen haben. In diesen zehn Jahren hat sich allerdings viel verändert. Vor zehn Jahren gab es noch keine Atomkatastrophe in Fukushima und ein vollständiger Atomausstieg wurde erst 2011 beschlossen. Es ist wichtig, frühzeitig mit Planungen zu beginnen, man muss aber auch schnell auf Veränderungen reagieren können.
Ich wünsche Horst Seehofer, dass er es schafft, die Politiker, die an alten Machtstrukturen festhalten, zu überzeugen und ihnen Bürgernähe zu vermitteln.
Vorsicht bei der Deutung solcher Zeitungsartikel! Hier vermengt die „Welt“ drei Themen, die einzeln betrachtet schon hochkomplex sind und keine einfache Lösung haben. Hier wird geschrieben über Bahntrassen, die evtl. in Bundes- sprich DB-Hand sind, ICE-Trassen, die definitiv in DB-Hand sind und Stromtrassen, die von ÜNB geplant wurden.
Was will die „Welt“ mit einer Vermengung dieser Themen erreichen? Welche Fragen wurden wirklich im Interview gestellt und welche Antworten hat Bodo Ramelow auf die jeweilige Frage geantwortet? Und was hat die Zeitung davon veröffentlicht?
Wir wissen doch nach einem Jahr des Widerstandes, dass die Medien oft unpräzise und tendenziös berichten, um Unruhe zu stiften und vor Allem ihre Auflagen in die Höhe zu treiben. Und Seehofer gibt nun mal jetzt den Hingucker, da ist leicht eine Schlagzeile drin, egal wie sich Bodo Ramelow zuvor geäußert hat.
Dieser Zeitungsartikel ist ein präzises Beispiel dafür, wie die Leser durch (absichtliche?!) Informationsvermischungen geschickt getäuscht und manipuliert werden. Heute ist leider von Pressefreiheit und ehrlicher Pressearbeit nicht mehr viel vorhanden. Ich halte selbst renommierte Zeitungen für das gekaufte Sprachroh der Lobbyisten und der politischen Verbände. Oft drucken dann andere Zeitungen den Artikel einfach ab, ohne selber zu recherchieren oder zu hinterfragen. Dabei wird der Artikel meist verkürzt und damit der Inhalt verfälscht.
Allerdings bin ich völlig konform mit Frank, dass ein von uns Bürgern gewählter Politiker selbstverständlich für die Interessen und Belange seiner Wähler eintritt. Das müssen und können wir von jedem unserer Volksvertreter erwarten.
Die regionale Energiewende strebt auch im Norden und Osten voran. Und so ist es fraglich, ob die nördlichen und östlichen Bundesländer ihren „grünen“ Strom zukünftig abtransportieren wollen, denn Sie erzeugen weitaus weniger Energie mit Windkraft als sie selbst verbrauchen. Im Herbst 2014 besuchte ich Schwerin, da wurde gerade ein Batteriepark eröffnet. Ich konnte mit den Verantwortlichen vor Ort sprechen und die haben mich nur ausgelacht, als ich sagte, dass deren Windräder Bayern mit Strom versorgen sollen: „Wir haben unsere Windräder nicht für die Bayern, sondern für unsere eigene Stromversorgung gebaut und wollen diesen auch selbst verbrauchen“. Zweifellos stammt sowohl im Norden als auch im Osten der Megaanteil der Stromeinspeisung aus den Kohlekraftwerken!
Unumstritten ist die Tatsache, dass die Energiekonzerne auf Biegen und Brechen versuchen ihre Vormachtstellung im Energiegeschäft zu behaupten um im lukrativen Megageschäft „internationaler Stromhandel“ die Fäden in der Hand zu halten. Dies ist eine sehr spannende Zeit. Wir befinden uns mitten im Kampf der alten gegen die neue Stromwirtschaft. In jedem Fall ist die Revolution im Gange. Dazu haben auch die Mitstreiter gegen den Bau der HGÜ-Monstertrassen ihren wertvollen Beitrag geleistet und werden unbeirrbar weiter für eine dezentrale, regenerative Energiewende kämpfen.
@Moni Müller
da widerspreche ich dir und Frank keineswegs, bin ganz eurer Ansicht über die Aufgaben eines gewählten Politikers.
Es ist immer wieder interessant, was man so alles dazulernt, wenn man an die Orte kommt, die angeblich den Strom für die überdimensionierten Trassen liefern sollen und sich mit den Menschen dort unterhält.