Kei­ne fau­len Kom­pro­mis­se in der Trassenfrage!

von Hubert Galozy

Tras­sen­geg­ner for­dern von Sig­mar Gabri­el, See­ho­fers Nein zur Süd-Ost-Tras­se zu akzeptieren

Anläss­lich des Besu­ches von Sig­mar Gabri­el beim Neu­jahrs­emp­fang der SPD in Nürn­berg fan­den sich am 20.02.2015 rund 200 Tras­sen­geg­ner vor dem Nürn­ber­ger Rat­haus gegen die geplan­ten HGÜ-Tras­sen nach Bay­ern ein. Mit Trom­meln, Kanis­tern und Topf­de­ckeln wur­de dem Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter laut­stark Kon­tra gege­ben. Die Demons­tran­ten for­dern von Gabri­el, See­ho­fers Ableh­nung zur Süd-Ost-Tras­se ernst zu neh­men, da es mit der Bevöl­ke­rung kei­ne Kom­pro­mis­se dar­über geben kön­ne, eine Strom­lei­tung zu akzep­tie­ren, die nur dann not­wen­dig ist, wenn wei­ter­hin Koh­lestrom in die Net­ze ein­ge­speist wird. Dies läuft jedoch der Ener­gie­wen­de kom­plett zuwider.

Vor allen die Äuße­run­gen Gabri­els in der Pres­se wer­den mit zuneh­men­der Ver­är­ge­rung wahr­ge­nom­men: Der Ener­gie­dia­log in Bay­ern hät­te qua­si kei­ne Bedeu­tung für Deutsch­land und sei ein regio­na­les Thema.

Genau das Gegen­teil hat­te Frau Aigner zu Beginn des Ener­gie­dia­logs am 03.11.2014 ver­kün­det: Sie hät­te mit Gabri­el ver­ein­bart, dass das Ergeb­nis in sei­ne Ent­schei­dun­gen ein­flie­ßen wird. Nun kommt Gabri­el mit Kom­pro­miss­vor­schlä­gen, die kei­ne sind. Aber hier­zu muss man sich noch­mal den Aus­gang von Frau Aigner vor Augen führen.

Das Ergeb­nis von Frau Aigner beim Ener­gie­dia­log lautete:

  • Gestal­tung eines attrak­ti­ve­ren Markt­mo­dells für Kraft-Wär­me-Kop­pe­lungs­an­la­gen und Gas­kraft­wer­ke für die Versorgungssicherheit
  • kei­ne neu­en Tras­sen zum Tran­sit von Über­schuss­strom (durch Jahr­zehn­te lan­ge Sub­ven­tio­nie­rung der Kohleförderung)
  • Sys­tem­wech­sel­wech­sel für die Netzausbauplanung
  • Ein­hal­tung des NOVA-Prin­zips: Neu­bau von Lei­tun­gen mit 9,05% Eigen­ka­pi­tal­ren­di­te ver­zinst sowie ledig­lich 7,14% für die Opti­mie­rung bestehen­der Lei­tun­gen, führt die­ses Prin­zip ad absurdum
  • Wei­te­re Anstren­gun­gen bei Energieeinsparung
  • Umsteu­ern bei den Erneu­er­ba­ren Ener­gien: ein Aus­bau muss dezen­tral erfol­gen und erfor­dert kei­nen wei­te­ren Netz­aus­bau son­dern eine Speicheroffensive

Frau Aigner hält den Bedarf von 2 neu­en HGÜ-Lei­tun­gen nach Bay­ern für über­zo­gen. Da die Ent­schei­dung sowie­so in Ber­lin fällt, lau­tet die Baye­ri­sche Vor­ga­be an Ber­lin: 2 – x, wobei x für die Anzahl der Tras­sen steht, die nicht benö­tigt werden.

Obwohl Herr Gabri­el den Ener­gie­dia­log abwar­ten woll­te, schloss er sich bereits im Janu­ar den For­de­run­gen der Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber an, schnell zu Ent­schei­dun­gen zu kom­men, sonst dro­hen Ver­sor­gungs­eng­päs­se, die Wirt­schaft wan­de­re ab, es ent­stün­den unter­schied­li­che Preis­zo­nen, in Bay­ern wür­den die die Lich­ter aus­ge­hen, usw. Die­se Annah­men wur­den jedoch wäh­rend des Ener­gie­dia­lo­ges in den Arbeits­grup­pen nicht nach­ge­wie­sen, wes­halb sie im Fazit als nicht stich­hal­tig abge­lehnt wur­den. Beleg­bar war hin­ge­gen, dass die Ver­sor­gungs­lü­cke in Bay­ern nach 2023 (40 TWh und 5 GW) allei­ne durch die Thü­rin­ger Strom­brü­cke, einem maß­vol­len wei­te­ren Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien dezen­tral vor Ort, sowie der Nut­zung vor­han­de­ner Gas­kraft­wer­ke in Bay­ern pro­blem­los kom­pen­siert wer­den kann. Maxi­mal ein neu­es Gas­kraft­werk wäre zusätz­lich erfor­der­lich. Ganz wich­tig auch ist die For­de­rung nach einem Umden­ken in der Ener­gie­po­li­tik, weg von den Sub­ven­tio­nen in die umwelt­schäd­li­che Kohleverstromung.

Es wur­de sehr schnell klar beim Ener­gie­dia­log: Die bestehen­den Net­ze rei­chen aus, ein zusätz­li­cher HGÜ-Aus­bau wird nur für den lukra­ti­ven euro­pa­wei­ten Strom­han­del benö­tigt, aber nicht zur Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Bay­ern. Zahl­rei­che Exper­ten und Ver­bän­de tei­len die­se Ansicht, ins­be­son­de­re die Pro­fes­so­ren von Hirsch­hau­sen und Jarass sowie der Bund Natur­schutz, der Land­kreis­tag, Ver­tre­ter der Ener­gie­bün­del, der Solar-und Wind­kraft­wirt­schaft sowie die Bür­ger­initia­ti­ven der Trassengegner.

Nun zeigt sich der der Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter völ­lig der poli­ti­schen Rea­li­tät ent­rückt und igno­riert die For­de­run­gen der baye­ri­schen Poli­ti­ker und der Argu­men­te der Tras­sen­geg­ner. Dabei spricht er von einem Kom­pro­miss, wenn er nur Alter­na­ti­ven zur Stre­cken­füh­rung vor­schlägt. Wenn Bay­ern die bei­den HGÜ-Lei­tun­gen akzep­tiert, könn­ten bestehen­de Gas­kraft­wer­ke wie Irsching wei­ter­hin sub­ven­tio­niert werden.

Der Steu­er­zah­ler kommt als Melk­kuh der Nati­on ein­fach nicht mehr raus. Nicht nur, dass Bay­ern seit Jahr­zehn­ten über den Län­der­fi­nanz­aus­gleich Koh­le­kraft­wer­ke in Nord- und Mit­tel­deutsch­land sub­ven­tio­niert, auch noch die Mil­li­ar­den­kos­ten des HGÜ-Baus wer­den den Strom­kun­den in Rech­nung gestellt wer­den (min­des­tens 20 Mil­li­ar­den Euro, Ent­schä­di­gun­gen für die Gemein­den und Anrai­ner noch gar nicht ein­ge­rech­net), eben­so wie die Sub­ven­tio­nie­rung von Gas­kraft­wer­ken, die mit der Ver­tei­lung des Koh­le­stroms durch HGÜ-Net­ze wei­ter­hin unren­ta­bel blei­ben. Wel­che Berech­ti­gung haben die­se, wenn noch zusätz­lich HGÜ-Lei­tun­gen nach Bay­ern gebaut wer­den? Der Süden ersäuft im Strom!

Dage­gen weh­ren die Men­schen sich, der Wider­stand wird zuneh­mend grö­ßer. Unnö­ti­ge HGÜ-Tras­sen wer­den jedoch kei­ne gesell­schaft­li­che Akzep­tanz fin­den. Fau­le Kom­pro­mis­se wie teil­wei­se Erd­ver­ka­be­lung machen die Tras­sen nicht nöti­ger. Sie blei­ben rein für den inter­na­tio­na­len Strom­han­del kon­zi­piert und sind kon­tra­pro­duk­tiv für die dezen­tra­le Energiewende.

Um gar nicht erst hin­hö­ren und sich den Argu­men­ten stel­len zu müs­sen, schlich Gabri­el sich am Frei­tag durch den Hin­ter­ein­gang ins Nürn­ber­ger Rat­haus. An den laut trom­meln­den Demons­tran­ten woll­te er lie­ber nicht direkt vorbeikommen.

Die ernst­haf­te Gefahr, dass es zu sozia­len Unru­hen in der Bevöl­ke­rung kom­men wird, wenn ver­sucht wer­den soll­te, mit aller Gewalt den Bau der HGÜ-Tras­sen durch­zu­set­zen, soll­te er nicht unter­schät­zen. Spä­tes­tens dann, wenn die ers­ten Bag­ger anrol­len, ist Wacker­dorf 2.0 kei­ne Befürch­tung mehr, son­dern Realität.

Leid­tra­gen­de wer­den die Bay­ern sein, weil wir es nicht geschafft haben, trotz eines ein­deu­ti­gen Ergeb­nis­ses des Ener­gie­dia­logs, bei dem übri­gens Ver­tre­ter aus ganz Deutsch­land teil­ge­nom­men haben, den durch poli­ti­sche Macht abge­stumpf­ten Sig­mar Gabri­el zum Umden­ken zu bewegen.

Soweit darf es nicht kommen!

2 Gedanken zu „Kei­ne fau­len Kom­pro­mis­se in der Trassenfrage!“

  1. Das was Herr Gabri­el hier in Nürn­berg ver­an­stal­tet hat, wür­de ich als Feig­heit bezeich­nen, zum einen geht er nicht durch den Haupt­ein­gang, son­dern hin­ten­rum, stellt sich nicht den Demons­tran­ten, das wäre einem Horst See­ho­fer bei uns Tras­sen­geg­nern nie ein­ge­fal­len. Zum Zwei­ten ist die­ser fau­le Kom­pro­miss, nichts, den es wird nur alles wie­der Bay­ern zuge­scho­ben, ohne als Ver­ant­wort­li­cher Stel­lung zu beziehen!
    Wir Tras­sen­geg­ner in Bay­ern ste­hen hin­ter unse­rem Minis­ter­prä­si­den­ten, ver­trau­en ihm und Frau Aigner, soll­te es nicht gelin­gen, das das X eine 2 wird, dann fah­ren wir nach Ber­lin, aber an Haupt und Hin­ter­ein­gang des Ministeriums!
    Wir BIs gegen die Mons­ter­strom­tras­sen, wis­sen wie es geht, lei­der haben wir noch nicht die Macht hier­zu, aber der gesun­de Men­schen­ver­stand muß uns Nach­hal­tig Recht geben!

  2. Der Ener­gie­dia­log in Bay­ern hat eine Fül­le von Mög­lich­kei­ten auf­ge­zeigt, die Ener­gie­wen­de erfolg­reich dezen­tral zu gestal­ten, und zwar mit den Erneu­er­ba­ren und den dazu­ge­hö­ren­den Spei­chern. Kei­ner kommt dabei zu kurz, Indus­trie, Han­del, Gewer­be und vor allem auch die Bür­ger wer­den kei­nen Strom­man­gel lei­den müs­sen. Lei­der gibt es wie immer in Zei­ten des Umbruchs, den die Ener­gie­wen­de zwei­fel­los dar­stellt, Ewig­gest­ri­ge, die am Alt­her­ge­brach­ten fest­hal­ten. Dazu muss man mit den immer noch exis­tie­ren­den Atom­fans lei­der auch die Koh­le­par­tei SPD und ihren Vor­sit­zen­den Sig­mar Gabri­el rech­nen. Der enge Schul­ter­schluss mit den Gewerk­schaf­ten ist hier auch nicht immer för­der­lich, denn die Gewerk­schaf­ter den­ken halt über­wie­gend an die bestehen­den Arbeits­plät­ze und fürch­ten sich oft vor Inno­va­tio­nen, die die­se viel­leicht über­flüs­sig machen. Aber die inno­va­ti­ven Mög­lich­kei­ten der Ener­gie­wen­de haben jetzt schon ein Mehr an Arbeits­plät­zen gebracht. Aller­dings fal­len die Arbeits­plät­ze in der Koh­le­indus­trie weg, aber das tun sie sowie­so frü­her oder spä­ter. Dann ist es aber für ver­nünf­ti­ge Alter­na­ti­ven zu spät.

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