Offe­ner Brief an Bun­des­kanz­le­rin Dr. Ange­la Merkel

Am 26.10. 2015 nahm Hubert Galo­zy vom Akti­ons­bünd­nis gegen Gleich­strom­lei­tun­gen an der Ver­an­stal­tung “Bür­ger­dia­log Gut leben in Deutsch­land – was uns wich­tig ist.” teil. Bei die­sem Anlass über­gab er eine Map­pe an die Refe­ren­tin der Bun­des­kanz­le­rin. Dar­in befand sich ein Brief des Akti­ons­bünd­nis­ses an Ange­la Mer­kel, in dem ihr mit­ge­teilt wur­de,  was den  im Akti­ons­bünd­nis akti­ven Bür­gern wich­tig ist.

Hier der Brief im Wort­laut, die Ver­si­on an die Bun­des­kanz­le­rin ent­hält zusätz­li­che Kontaktdaten

Großes Blog-Bild logoAkti­ons­bünd­nis gegen Gleichstromleitungen

 

Frau Bun­des­kanz­le­rin

Ange­la Merkel

 

Die Aar­hus Kon­ven­ti­on und ihre Wir­kung auf den über­di­men­sio­nier­ten Stromleitungsausbau

Sehr geehr­te Frau Bundeskanzlerin,

wir, das Akti­ons­bünd­nis gegen Gleich­strom­lei­tun­gen, unter­stüt­zen die Aar­hus Kon­ven­ti­on Initia­ti­ve (www.aarhus-konvention-initiative.de).

Die­se Bür­ger­initia­ti­ve hat sich ent­schlos­sen, vor dem UN Aar­hus Komi­tee in Genf Beschwer­de ein­zu­le­gen, weil sie einen Ver­stoß gegen gel­ten­des Recht, ins­be­son­de­re bei den nach­fol­gend ange­führ­ten Richt­li­ni­en der UN Aar­hus Kon­ven­ti­on sieht:

  •  ver­bind­li­che Betei­li­gung der betrof­fe­nen Bür­ger an Ent­schei­dun­gen über Strom­tras­sen, wenn alle Optio­nen noch offen sind, gemäß Art. 6.4 Aar­hus Konvention
  •  Zugang zu Gerich­ten für betrof­fe­ne Bür­ger, die mit vor­ab getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen nicht ein­ver­stan­den sind gemäß Art. 9.2 Aar­hus Konvention

Die­ses Betei­li­gungs-Recht wird den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern bis heu­te kon­se­quent ver­wei­gert, obwohl das UN Abkom­men für die EU und Deutsch­land spä­tes­tens seit 2001 ver­bind­li­ches Umwelt­recht ist.

Kon­kret geht es gegen die Direk­ti­ve zur Stra­te­gi­schen Umwelt­prü­fung (SUP Direk­ti­ve) der EU, denn die­se sieht bei umwelt­re­le­van­ten Vor­ha­ben kei­ne ver­bind­li­che Bür­ger­be­tei­li­gung vor. Eine SUP ist das Pla­nungs­ver­fah­ren, in dem bereits vie­les vor­ent­schie­den wird. Es ist der ers­te Ver­fah­rens­schritt, auf dem eine Bau­ge­neh­mi­gung grün­det und wird im deut­schen Umwelt­recht von der besag­ten EU-SUP-Direk­ti­ve geregelt.

Im Fall der Strom­tras­sen heißt das, die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger kön­nen erst am Ende des Ver­fah­rens gegen den Netz­ent­wick­lungs­plan kla­gen und nicht – wie es ihnen recht­lich zustün­de – bereits im Vor­feld gegen einen geplan­ten Strom­mas­ten auf dem eige­nen Grundstück.

Die Beschwer­de steht, die Beschwer­de­füh­re­rin Bri­git­te Art­mann wird die­se in den nächs­ten Tagen unter­schrei­ben, dann kann´s losgehen.

Unser Bünd­nis hat wäh­rend der letz­ten 22 Mona­te zahl­rei­che Gesprächs­run­den mit dem Eti­kett „Bür­ger­dia­log“ absol­viert. Eine ech­te, ver­bind­li­che Betei­li­gung gab es nicht, nur net­te, unver­bind­li­che Gesprächs­run­den ohne Auswirkungen.

Auch wie die Bun­des­netz­agen­tur mit den mehr als 36.000 Kon­sul­ta­tio­nen der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zum Netz­ent­wick­lungs­plan umge­gan­gen ist, zeigt, wel­chen Stel­len­wert „Bür­ger­be­tei­li­gung“ hat.

Ihnen, Frau Bun­des­kanz­le­rin, müs­sen wir eigent­lich nicht den Sinn und Zweck der Aar­hus Kon­ven­ti­on erklä­ren, denn Sie waren Bun­des­um­welt­mi­nis­te­rin, als die Kon­ven­ti­on im Jahr 1998 abge­schlos­sen wur­de. Nur noch ein­mal zur Erinnerung:

Die Kon­ven­ti­on soll die demo­kra­ti­sche, ver­bind­li­che Mit­wir­kung der Bevöl­ke­rung bei Ein­grif­fen in die Umwelt gewähr­leis­ten. Sie soll die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger moti­vie­ren, Anteil an der Bewah­rung der Lebens­grund­la­gen zu neh­men und sich der Kon­se­quen­zen bewusst zu sein, die mit sol­chen Ein­grif­fen ein­her­ge­hen. Die Bür­ger sol­len die Reiß­lei­ne zie­hen kön­nen, wenn die Ein­grif­fe zu gra­vie­rend sind.

Die­se Reiß­lei­ne wer­den wir nun zie­hen, und zwar in Genf.
 

Mit freund­li­chen Grüßen

Maria Estl
für das Akti­ons­bünd­nis gegen Gleichstromleitungen

 

 

5 Gedanken zu „Offe­ner Brief an Bun­des­kanz­le­rin Dr. Ange­la Merkel“

  1. Vie­len Dank, Hubert, für dein Engagement!

    Ich fin­de es Scha­de, dass Hubert nur am Schluß und auch nur durch sein akti­ves auf-sich-auf­merk­sam-machen zu Wort kam. Er hät­te auf jeden Fall die Chan­ce bekom­men sol­len, sei­ne Fra­gen, wie die ande­ren Teil­neh­mer, mit Ruhe zu stel­len und auf die Ant­wort der Kanz­le­rin zu reagie­ren. – Bür­ger­dia­log: Nur für die Bür­ger, die das sagen, was man hören will???

    1. Genau so sehe ich das auch, Michae­la, und vie­le ande­re eben­so. Man hat Hubert zuge­las­sen, ihn aber – als bestimmt etwas unbe­que­men Fra­ge­stel­ler – an den Schluss “ver­bannt” und dann mehr oder weni­ger abge­würgt. Es war aber zu sehen und hören, dass er Frau Mer­kel doch etwas ver­un­si­cher­te, sie hat­te da so einen komi­schen Kiek­ser in der Stim­me. Hubert hat wie­der mal ins Schwar­ze getrof­fen und Klar­text gere­det. Das tat die Kanz­le­rin ab und die Bemer­kung mit den Erd­ka­beln war pein­lich. Durch den Offe­nen Brief kann sich jetzt aber eine brei­te­re Öffent­lich­keit infor­mie­ren und sehen, wel­che Rech­te den Bür­gern ver­wei­gert wer­den – da kann sich die Kanz­le­rin Plau­der­run­den mit aus­ge­such­ten Bür­gern sparen.

  2. Alle die­se Ver­an­stal­tun­gen sind kei­ne Dia­lo­ge, son­dern Fragestunden.
    Unter Dia­log ist ein akti­ver Mei­nungs­aus­tausch zu ver­ste­hen und nicht die Ant­wor­ten von Frau Mer­kel “da haben wir schon viel gemacht” oder “das neh­me ich mal mit”.
    Kein ein­zi­ges Mal durf­te ein Teil­neh­mer auf die Ant­wort von Frau Mer­kel antworten!
    Was posi­tiv zu bewer­ten ist, Frau Mer­kel hat offen­sicht­lich begrif­fen, dass der Regie­rung nicht bekannt ist was an der Basis läuft.
    Mit den Bür­ger­dia­lo­gen kann sie die­ses Defi­zit aber nicht beseitigen.
    Da hilft auch kei­ne wis­sen­schaft­li­che Nachbearbeitung!

  3. Mei­nungs­aus­tausch bedeu­tet hier offen­sicht­lich: Wir kom­men mit unse­rer Mei­nung und gehen mit ihrer. Eine ver­quas­te Form des “Durch­re­gie­rens”.

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