Pro­test­lauf gegen die Juraleitung

Gleich zwei Demons­tra­ti­ons­zü­ge mach­ten sich am Frei­tag­abend, den 10.11.2023, auf den Weg zum geplan­ten Stand­ort der Kabel­über­gangs­an­la­ge bei Pra­cken­fels, um gegen Pla­nun­gen der Fir­ma Ten­net zu protestieren.

Der Neu­bau der Strom­tras­se Jura­lei­tung wür­de zahl­rei­che wei­te­re Bau­maß­nah­men in der Regi­on mit sich brin­gen. Da der Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber mit einer teil­wei­sen Erd­ver­ka­be­lung plant, wür­de auf dem rund zwei Hekt­ar gro­ßen Are­al das aus dem Umspann­werk in Luder­heim bzw. Win­kel­haid kom­men­de Erd­ka­bel der Jura­lei­tung zwi­schen Wein­hof und Pra­cken­fels wie­der auf Mas­ten umge­spannt wer­den. Um auf die­sen zusätz­li­chen Flä­chen­ver­brauch auf­merk­sam zu machen, wur­de des­halb erst­mals an die­sem Ort protestiert.

Pro­test­zü­ge von zwei Seiten

Die Pro­tes­tie­ren­den star­te­ten von Alt­dorf und Wein­hof aus. Flan­kiert wur­den sie von Trak­to­ren, gesi­chert durch die Alt­dor­fer Poli­zei. An die­sem Abend gab es auf der Hoch­flä­che ober­halb von Pra­cken­fels vie­le Fackeln, Trak­to­ren und gel­be Wes­ten zu sehen und gut tem­pe­rier­ten Glüh­wein zu trin­ken – eine viel geeig­ne­te­re Nut­zung der Flä­che, als es Ten­net an die­ser Stel­le plant.
Die gut 150 Teil­neh­men­den wur­den von Dör­te Hamann, Spre­che­rin des Akti­ons­bünd­nis Tras­sen­geg­ner, begrüßt. Trotz par­al­lel statt­fin­den Mar­tins­um­zü­gen und Tem­pe­ra­tu­ren um fünf Grad reißt der Wider­stand in der Regi­on gegen die Jura­lei­tung nicht ab, wie die vie­len Anwe­sen­den zeigten.

Schar­fe Kri­tik am Vor­ge­hen Tennets

Als ers­ter Spre­cher skiz­zier­te Alt­dorfs Bür­ger­meis­ter Tabor den aktu­el­len Stand zum Fort­schritt der Jura­lei­tung und Kabel­über­gangs­an­la­ge. Man trifft bei Ter­mi­nen auf viel Unwis­sen­heit von Ten­net, die den Bedarf für die­ses Pro­jekt sug­ge­rie­ren, pla­nen und dann auch selbst bau­en dür­fen. Tech­ni­sche Fra­gen sind nicht geklärt, zu den Kos­ten sagt man mitt­ler­wei­le gar nichts mehr. Auf die Fra­ge, wie hoch die Stei­ge­rung der Netz­ent­gel­te sein wird, wenn die vie­le Mil­li­ar­den teu­re Jura­lei­tung mit Umspann­werk, Tei­lerd­ver­ka­be­lung und Kabel­über­gangs­an­la­ge kommt, erhält man von Ten­net nur betre­te­nes Schwei­gen. Tabor sicher­te zu, dass sich die Stadt wei­ter­hin für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger und gegen die Jura­lei­tung ein­set­zen werde.

   

Erich Odör­fer, Alt­bür­ger­meis­ter von Alt­dorf, stell­te sich eben­falls klar gegen die Jura­lei­tung und kri­ti­sier­te Ten­net scharf. Viel Wald müs­se in der Regi­on wei­chen, für Mas­ten, Erd­ka­bel und ein rund 15 Hekt­ar gro­ßes Umspann­werk. „Der Lärm- und Sicht­schutz für Luders­heim, Wein­hof und Win­kel­haid ist damit weg.“ Unter gro­ßem Applaus der Zuhö­ren­den stell­te er klar: „Das Land hat schon mei­nen Eltern gehört. Ich gebe die Grund­stü­cke nicht her!“

2024 wer­den es zehn Jah­re sein, in denen wir Bür­ger­initia­ti­ven erfolg­reich Wider­stand in der Regi­on geleis­tet haben“, resü­mier­te Ralph Kuba­la als Spre­cher für die Bür­ger­initia­ti­ve Raum­wi­der­stand Altdorf/Burgthann. Zwei gro­ße Über­tra­gungs­lei­tun­gen sind durch Pro­tes­te bereits abge­wen­det wor­den, 2015 die Süd-Ost-Pas­sa­ge und 2019 die Wech­sel­strom­lei­tung P44mod. Soll­te die Jura­lei­tung kom­men und die Regi­on zum Umschlags­platz für euro­päi­schen Strom­han­del wer­den, stün­de mit der P482 der nächs­te Neu­bau einer 380 kV Lei­tung mit wei­te­ren betrof­fe­nen Alt­dor­fer Orts­tei­len an. Es zeich­net sich ab, dass die Netz­ent­gel­te im Strom­preis ohne staat­li­che Sub­ven­tio­nen nicht mehr finan­zier­bar sein wer­den, so Kuba­la. „Strom wird in den nächs­ten Jah­ren schlicht unbezahlbar“.

Auf die Umwelt­ein­grif­fe ging Hans-Die­ter Pletz als Spre­cher für den Bund Natur­schutz und die Initia­ti­ve „Ret­tet den Reichs­wald“ ein, in dem sich auch das Akti­ons­bünd­nis Tras­sen­geg­ner enga­giert. Bis zu 70 Hekt­ar Wald wür­den der Jura­lei­tung auf 160 Kilo­me­tern Län­ge zum Opfer fal­len. Ein Groß­teil der Tras­se wür­de durch den Reichs­wald füh­ren, die grü­ne Lun­ge Nürn­bergs. Der Alt­dor­fer Stadt­rat beton­te: „Dar­um sind wir beim BUND Natur­schutz sehr emp­find­lich, wenn es um die Zer­stö­rung von Wald und land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen geht und leh­nen des­halb den unnö­ti­gen Neu­bau der Jura­lei­tung ab“.

Die Land­wir­te Car­men Brun­ner und Peter Schmidt aus Luders­heim schil­der­ten ein­drück­lich ihre Erfah­run­gen der letz­ten Jah­re mit den Ver­tre­tern der Fir­ma Ten­net und der Regie­rung von Mit­tel­fran­ken. Aus­ge­spro­che­nen Betre­tungs­ver­bo­ten der Eigen­tü­mer folg­ten Dul­dungs­an­ord­nun­gen und Andro­hung von Buß­gel­dern bei Ver­stoß. Brun­ner for­der­te unter gro­ßer Zustim­mung der Anwe­sen­den zum Mit­ma­chen auf: “Zu sagen, ‚ich kenn mich halt nicht aus‘, das ist kein Argu­ment fürs Nichts­tun. Wis­sen kann man sich aneig­nen. Lesen kann jeder. Wir müs­sen kämp­fen, jeder hat die Pflicht, dass er sei­nen Mund aufmacht!”

Peter Schmidt, Voll­erwerbs­land­wirt, hät­te mit sei­nem Sohn einen poten­ti­el­len Nach­fol­ger. Sei­ne Sor­gen sind ande­re: „Ich kann kei­ne Fut­ter­mit­tel mehr pro­du­zie­ren, wenn mir mein Land weg­ge­nom­men wird. Und Zukauf ist zu teu­er. Damit steht die Exis­tenz auf dem Spiel.“ Schmidt hat­te erst vor ein paar Jah­ren den Hof erwei­tert und blickt in eine mehr als unge­wis­se Zukunft.

Soli­da­ri­tät der Betroffenen

Einig war man sich unter den Teil­neh­men­den, dass man an einem Strang zie­hen muss und sich nicht gegen­ein­an­der aus­spie­len las­sen darf. Jeder Orts­teil und jede Nach­bar­ge­mein­de ist betrof­fen, sei es durch bis zu 80 Meter hohe Mas­ten, Umspann­werk, Erd­ver­ka­be­lung oder Kabel­über­gangs­an­la­ge. Zudem wird jeder Strom­kun­de durch die stei­gen­den Netz­ent­gel­te mas­siv zur Kas­se gebeten.

von Hubert Galozy

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