Strom­tras­se: Ent­schei­dung soll im Janu­ar erfolgen

© DOC RABE Media - Fotolia.deDie Ent­schei­dung über die Strom­tras­sen muss noch vor dem Ende des lau­fen­den Ener­gie­dia­logs getrof­fen wer­den. “Bay­ern muss sich im Janu­ar end­gül­tig für die bei­den geplan­ten Strom­tras­sen nach Süden ent­schei­den”, sag­te Sig­mar Gabri­el (SPD) der “Bild am Sonntag”.

Was glaubt Sig­mar Gabri­el mit so einer Aus­sa­ge zu errei­chen? Nach­dem Horst See­ho­fer eine klu­ge Ent­schei­dung getrof­fen hat und die Not­wen­dig­keit der Strom­tras­sen noch ein­mal prü­fen will, stellt der Vize­kanz­ler ein so unsin­ni­ges Ulti­ma­tum. Vie­le Men­schen inves­tie­ren eine Men­ge Zeit in den Ener­gie­dia­log. Ange­fan­gen vom immensen Auf­wand der Orga­ni­sa­ti­on, bis hin zu den Arbeits­krei­sen, in denen Bür­ger­initia­ti­ven, Poli­ti­ker und Wirt­schaft ver­su­chen einen gemein­sa­men Nen­ner zu fin­den. Das Ergeb­nis des Baye­ri­schen Ener­gie­dia­logs soll­te am 2. Febru­ar 2015 bekannt gege­ben wer­den. Ich hat­te mich in der Ver­gan­gen­heit kri­tisch über den Ener­gie­dia­log geäu­ßert, aber was Sig­mar Gabri­el da vom Sta­pel lässt, sind unüber­leg­te Aus­sa­gen. Das ist kein Volks­ver­tre­ter, für mich macht so etwas ein lob­by­ge­steu­er­ter Machtmensch.

Anfangs zeig­te Sig­mar Gabri­el Ver­ständ­nis für Horst See­ho­fer. See­ho­fer woll­te die Tras­sen­fra­ge noch ein­mal mit der Bevöl­ke­rung dis­ku­tie­ren. Davon scheint Sig­mar Gabri­el jetzt nichts mehr wis­sen zu wol­len. “Strom in Bay­ern bleibt dann knapp und wird mit dem Abschal­ten der Atom­kraft­wer­ke in den nächs­ten Jah­ren noch knap­per. Und alles was knapp ist, wird teu­er.” so der Vize­kanz­ler, nach Mei­nung vie­ler Exper­ten nicht ent­spricht das nicht der Wahr­heit und ist nur Panikmache.

Ein mög­li­cher Grund für Gabri­els Ver­hal­ten könn­te eine Dro­hung von Sei­ten der EU-Kom­mis­si­on sein. Die­se könn­te in den Tras­sen­streit ein­grei­fen. Bis­her gilt in Deutsch­land ein ein­heit­li­cher Strom­preis. Höhe­re Strom­kos­ten ein­zel­ner Regio­nen wer­den zur Zeit von allen Ver­brau­chern getra­gen. Die EU könn­te dem Sys­tem hier einen Rie­gel vor­schie­ben und Deutsch­land in zwei Preis­zo­nen tei­len. Gabri­el meint, dass die übri­gen Ver­brau­cher nicht Bay­erns Son­der­weg akzep­tie­ren würden.

Die Tras­sen­fra­ge scheint also ein The­ma in der EU-Poli­tik zu sein. War­um auch nicht, immer­hin sieht es so aus, als will man Deutsch­land zum Zen­trum des euro­päi­schen Strom­han­dels machen. Als Tran­sit­land für Strom­trans­por­te in alle EU-Staa­ten, dafür sol­len wir unse­re Hei­mat opfern!

Mit der Infor­ma­ti­ons­po­li­tik bin ich schon lan­ge nicht mehr ein­ver­stan­den. Noch viel mehr Bür­ger als bis­her wären gegen die neu­en Strom­au­to­bah­nen, wenn sie rich­tig über die Hin­ter­grün­de auf­ge­klärt wer­den. Seit Mona­ten ver­su­chen Bür­ger­initia­ti­ven die­se Auf­klä­rung der Bevöl­ke­rung vor­an­zu­trei­ben. Nach­dem die Wind­tras­se als Braun­koh­le­tras­se ent­larvt wur­de, ver­sucht man es nun mit popu­lis­ti­schen Aus­sa­gen wie “die Prei­se wer­den stei­gen”. Damit ver­sucht man eine Stim­mung “pro Tras­se” zu ver­brei­ten, ohne die gan­ze Wahr­heit auf den Tisch zu legen.

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5 Gedanken zu „Strom­tras­se: Ent­schei­dung soll im Janu­ar erfolgen“

  1. Die­ses Ulti­ma­tum kann auch durch Druck von BDI-Prä­si­dent Ulrich Gril­lo ver­ur­sacht sein. Die­ser schlug vor weni­gen Tagen ähn­li­che Töne an, indem er Bay­ern für das Miss­lin­gen der Ener­gie­wen­de ver­ant­wort­lich mach­te. Feh­len­de Strom­tras­sen wür­den dazu füh­ren. Die Gril­lo-Kon­zern­zen­tra­le ist im Koh­le­land NRW, wo die Koh­le­seil­schaf­ten gro­ßen Ein­fluss haben.
    So ist hin­läng­lich bekannt, dass es im ers­ten Halb­jahr 2014, vor der Reform des EEG, 60 Tref­fen zwi­schen Ener­gie­lob­by­is­ten und der Bun­des­re­gie­rung gege­ben hat, den weit­aus größ­ten Teil trug die Koh­le­s­par­te bei, voR­WEg ging RWE-Chef Teri­um, der allei­ne 6 der 11 Kon­zern­ter­mi­ne mit Kanz­le­rin Mer­kel und Vize­kanz­ler Gabri­el wahr­nahm. Da wird er ihm wohl die rich­ti­gen Ver­hal­tens­re­geln und Stra­te­gien erläu­tert haben, und Gabri­el befolgt die­se jetzt offensichtlich.
    Die Wur­zel des Dilem­mas in NRW und ande­ren Koh­le-Bun­des­län­dern: zu enge Ver­knüp­fun­gen zwi­schen Poli­tik und Koh­le füh­ren dazu, dass wider bes­se­res Wis­sen am alt­her­ge­brach­ten Ener­gie­trä­ger fest­ge­hal­ten wird. Eine Vogel-Strauß-Poli­tik, die sich im Fal­le RWE jetzt schon rächt, der Kon­zern lebt von sei­ner Sub­stanz, da die kom­mu­na­len Aktio­nä­re hohe Divi­den­den für ihre klam­men Haus­hal­te brau­chen. In Bran­den­burg kann es nach dem beschlos­se­nen Vat­ten­fall-Aus­stieg ähn­lich brenz­lig wer­den. Län­der wie Bay­ern müs­sen wohl auch des­halb das Aus­lauf­mo­dell Koh­le durch eine voll­kom­men über­flüs­si­ge Strom­tras­se stützen.
    So kann Ener­gie­wen­de nicht stattfinden.

  2. Man soll­te alle ver­ant­wort­li­chen Poli­ti­ker für drei Mona­te ins Klos­ter schi­cken ohne jeg­li­chen Kon­takt zur Außen­welt, damit sie end­lich wie­der anfan­gen, eigen­stän­dig zu d e n k e n und sich nicht dau­ernd von den Lob­by­is­ten solan­ge zutex­ten las­sen, dass sie deren Ein­trich­te­run­gen für eige­ne Gedan­ken halten.
    Frau Prof. Clau­dia Kem­fert beschreibt in ihrem Buch “Kampf um Strom” auf S. 23 / 24 wie selbst Kanz­le­rin Mer­kel in der Pres­se­kon­fe­renz vom 17.9.2012 das Ziel des Atom­aus­stiegs, der für das Jahr 2022 vor­ge­se­hen ist, mit dem Ziel der Ener­gie­wen­de, die bis zum Jahr 2050 geschafft wer­den soll, ver­wech­selt hat. Zitat: “Doch selbst die Kanz­le­rin, die das Kon­zept mit ver­ab­schie­det hat, glaubt inzwi­schen, es sei­en nur noch zehn, elf Jah­re Zeit. Die Wahr­heit ist: bis 2050 sind es noch 38 Jahre.”
    War­um also die­se Eile Herr Gabri­el? Sie wol­len also kei­ne Ener­gie­wen­de, son­dern den rück­wärts­ge­wand­ten Zustand zemen­tie­ren und die Ener­gie­wen­de tat­säch­lich unmög­lich machen?

  3. Die Dro­hun­gen mit unter­schied­li­chen Preis­zo­nen sind nicht neu. Spie­gel Online hat­te es Anfang Okto­ber auch fer­tig­ge­bracht, eine ein Jahr alte Stu­die in der Pres­se neu auf­zu­päp­peln. Dies pas­send einen Tag vor dem Spit­zen­ge­spräch See­ho­fer und Gabri­el zu den HGÜ-Trassen!
    Das Ergeb­nis der Stu­die der “mög­li­chen” unter­schied­li­chen Preis­zo­nen wur­de übri­gens von der EU nicht zur Umset­zung empfohlen!

    Seit 2 Mona­ten ver­su­chen es auch die Lob­by­is­ten beim E‑Dialog. Wenn man wie wir – an unse­rer Sei­te auch der BUND Natur­schutz – die unter­schied­li­chen Preis­zo­nen anzwei­felt, kommt vom Mode­ra­tor sofort der Vor­schlag, beim nächs­ten Ter­min noch­mals wei­ter genau die­ses Sze­na­rio (anhand schö­ner Power­Point-Foli­en) dar­zu­stel­len. Und schon haben die Tras­sen­be­für­wor­ter den nächs­ten Wortbeitrag. 

    Ich freue mich schon auf die nächs­te Sitzung 🙂
    Und dabei fra­ge ich mal den Refe­ren­ten, ob bei der Lob­by­po­li­tik, die im Wirt­schaft­mi­nis­te­ri­um auf frucht­ba­ren Boden fällt, auch schon jemand dem Genos­sen der Bos­se gesagt hat, dass der E‑Dialog noch bis zum 2.2.15 ange­setzt ist.
    Frau Aigner hat er wohl nicht so genau zugehört.
    Pein­lich, pein­lich, Herr Gabriel.

    Puh, das ist schon ein har­tes Brot, das den Bür­gern da vor­ge­setzt wird.

  4. Nun muss ich mich doch mal wie­der ein­schal­ten, weil ich über man­che Nai­vi­tät über­rascht bin. Es war mei­ner Ansicht nach seit Anfang Okto­ber klar (als See­ho­fer, Aigner und Gabri­el zusam­men geses­sen sind), dass See­ho­fer kei­nen Stich mehr macht. Das Ergeb­nis war “wir haben Zeit gewon­nen”. Die­se Zeit wird nun genutzt, um mit dem Ener­gie­dia­log Woche für Woche die Posi­ti­on der Staats­re­gie­rung ein klein wenig zu verändern.
    Und wer glaubt, das “Volk” wäre gegen die Strom­tras­sen, der irrt sich gewal­tig. Das hat doch auch der Ener­gie­dia­log gezeigt. Man mag über die Lob­by­iis­ten schimp­fen, aber Tat­sa­che ist auch, dass außer dem BN doch nie­mand die Posi­ti­on der BI’s teilt. Man kann nicht alle ande­ren, ob Kir­chen, Gewerk­schaf­ten, Wind­kraft­ver­band, etc. als Lob­by­iis­ten abtun. Und die 300 000 Men­schen, die gegen die Strom­tras­se geklickt haben, soll­te man rea­lis­tisch ein­schät­zen: ein Klick ist schnell gemacht und auch wie­der vergessen.
    In einem ande­ren Kom­men­tar wur­de die For­de­rung nach einem Plan B erho­ben. Dafür ist es höchs­te Zeit!

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