Tras­sen­pla­nung ad absurdum

von Ulri­ke Weichert 

Die Vor­schlä­ge von Sig­mar Gabri­el füh­ren die gan­ze bis­he­ri­ge Argu­men­ta­ti­on für die Not­wen­dig­keit der HGÜ-Tras­sen ad absur­dum, denn wenn es so ein­fach wäre, auf bestehen­de Lei­tungs­tras­sen auf­zu­sat­teln, dann wäre es schänd­lich, die­se Mög­lich­keit nicht schon vor­her ein­ge­bracht zu haben. Glei­ches gilt für die Erd­ver­ka­be­lung, die außer des Ver­mei­dens ober­ir­di­scher “Mons­ter­mas­ten” kei­ner­lei Vor­teil birgt. Ansons­ten blei­ben all die viel­dis­ku­tier­ten “Risi­ken und Neben­wir­kun­gen” erhal­ten, ein­schließ­lich der Schnei­sen der Ver­wüs­tung und der Voll­brems­wir­kung für die Ener­gie­wen­de in Bay­ern und anderswo.

Ich fra­ge mich auch, ob über­haupt der letz­te Kli­ma­gip­fel mit der Ziel­ver­ein­ba­rung, mit­tel­fris­tig aus dem Koh­lestrom aus­zu­stei­gen, schon Ein­gang in die Pla­nun­gen gefun­den hat.

Eine Wei­ter­füh­rung der Tras­sen­pla­nung oder gar eine Fest­le­gung auf einen bestimm­ten Ver­lauf, ins­be­son­de­re des “Braun­koh­le-Links” erscheint mir absurd, ohne eine Aus­stiegs­stra­te­gie aus der Koh­le­ver­stro­mung ent­wi­ckelt und deren Aus­wir­kun­gen auf Bedarfs­pla­nung und Kon­kre­ti­sie­rung der Netz­ent­wick­lung geprüft und

Sehr inter­es­sant hier­zu der  Arti­kel im Boten (vom 30.06.2015) S. 5, in dem auf den Sach­ver­stän­di­gen­rat für Umwelt­fra­gen* ver­wie­sen wird, mit der For­de­rung nach einer “öffent­li­chen Debat­te über den geord­ne­ten, lang­fris­tig aus­ge­rich­te­ten Koh­le­kon­sens” mit dem Ziel des “schritt­wei­sen und lang­fris­ti­gen Aus­stiegs…” und damit der För­de­rung des “Ver­trau­ens in die Ener­gie­wen­de” und der “Pla­nungs­si­cher­heit für alle betei­lig­ten Akteu­re”. Bei­des ist ja wohl im Zusam­men­hang mit der Tras­sen­dis­kus­si­on gründ­lich ver­lo­ren gegan­gen, Letz­te­res sogar für die Netz­be­trei­ber. Betont wird wei­ter im Rah­men der “Zehn The­sen zur Zukunft Koh­le bis 2040”, dass “in einem aus erneu­er­ba­ren Ener­gien gespeis­ten System…auf Dau­er kein Bedarf mehr für gro­ße soge­nann­te Grund­last­kraft­wer­ke auf Koh­le­ba­sis vor­han­den sein” wird. Sie set­zen auf “fle­xi­ble Spit­zen­last­kraft­wer­ke”, und in die­sem Zusam­men­hang auf Gas­kraft­wer­ke(!), die “erst dann wie­der kon­kur­renz­fä­hig wür­den, wenn Über­ka­pa­zi­tä­ten ver­schwän­den und die CO2-Abga­be wie­der anstie­ge”. Der “Koh­le­kon­sens” soll “nach dem Vor­bild der Ethik­kom­mis­si­on zur Ener­gie­wen­de von einer Platt­form aus Ver­tre­tern von Bund, Län­dern, Wirt­schaft, Ver­bän­den und Gewerk­schaf­ten orga­ni­siert wer­den” (s.d. im Boten).

Dan­ke lie­ber Sach­ver­stän­di­gen­rat, für die­se Ein­schät­zung und Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe! Von der “Ethik­kom­mis­si­on zur Ener­gie­wen­de” wün­sche ich mir, dass die Tras­sen­pro­ble­ma­tik mit ent­spre­chen­der öffent­li­cher Debatte/ Bür­ger­be­tei­li­gung neu auf­ge­grif­fen wird und vor o. geschil­der­tem Hin­ter­grund eine grund­le­gend neue, über den “Koh­le­kon­sens” i.e.S. hin­aus­ge­hen­de und ergeb­nis­of­fe­ne Ent­wick­lung eines Gesamt­kon­zepts zur Ener­gie­wen­de bun­des­weit in Angriff genom­men wird. In des­sen Rah­men wäre die Netz­ent­wick­lung ent­spre­chend neu auf­zu­stel­len und die Not­wen­dig­keit der HGÜ-Tras­sen dürf­te sich nach bis­he­ri­gem Kennt­nis­stand erübrigen.

*der Sach­ver­stän­di­gen­rat für Umwelt­fra­gen (SRU oder Umwelt­rat), “ein Bera­tungs­gre­mi­um der Bun­des­re­gie­rung, der als ein Teil des Umwelt­pro­gramms der Bun­des­re­gie­rung vom Okto­ber 1971 per Erlass ein­ge­rich­tet wur­de, mit dem Auf­trag, die Umwelt­si­tua­ti­on und Umwelt­po­li­tik in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und deren Ent­wick­lungs­ten­den­zen dar­zu­stel­len und zu begut­ach­ten sowie umwelt­po­li­ti­sche Fehl­ent­wick­lun­gen und Mög­lich­kei­ten zu deren Ver­mei­dung oder Besei­ti­gung aufzuzeigen.

Ent­spre­chend die­sem Auf­trag soll der Umwelt­rat alle zwei Jah­re, seit dem Jahr 2004 alle vier Jah­re, ein Gut­ach­ten erstel­len, der Bun­des­re­gie­rung über­ge­ben und es ver­öf­fent­li­chen. Zusätz­lich kann er Gut­ach­ten oder Stel­lung­nah­men zu umwelt­po­li­ti­schen Ein­zel­fra­gen nach eige­ner Wahl erar­bei­ten. Ziel die­ser Arbeit ist, die Urteils­bil­dung bei allen umwelt­po­li­tisch ver­ant­wort­li­chen Instan­zen und in der Öffent­lich­keit zu erleichtern. ”

Er setzt sich aus poli­tisch und wirt­schaft­lich unab­hän­gi­gen Fach­leu­ten zusam­men und bringt neben den Umwelt­gut­ach­ten auch Son­der­gut­ach­ten her­aus, die im Boten vom 30.06.2015 ange­spro­che­nen “10 The­sen zur Zukunft der Koh­le bis 2040”- Kom­men­tar zur Umwelt­po­li­tik Nr. 14 – sind top­ak­tu­ell vom Juni 2015, zu fin­den unter der SRU-Sei­te: www.umweltrat.de

6 Gedanken zu „Tras­sen­pla­nung ad absurdum“

  1. Zitat:
    Glei­ches gilt für die Erd­ver­ka­be­lung, die außer des Ver­mei­dens ober­ir­di­scher “Mons­ter­mas­ten” kei­ner­lei Vor­teil birgt.

    Die­sen Satz kann ich nicht nach­voll­zie­hen. Was spricht denn gegen eine Erd­ver­ka­be­lung bei Gleichstromtrassen?

    MeG Die­ter Wehe

    1. Weil dadurch die Koh­le­ver­stro­mung für mehr als 25 Jah­re mani­fes­tiert und zemen­tiert wird. Die Braun­koh­le­ta­ge­baue in der Lau­sitz sind der Knack­punkt, dort besteht eine her­vor­ra­gen­de Infra­struk­tur, um die HGÜ bei Wol­mir­stedt anzu­bin­den. Wie wol­len die Ener­gie­wen­de, und die ist mit zusätz­li­cher Braun­koh­le­ver­stro­mung und der ange­streb­ten Dekar­bo­ni­sie­rung nicht im Ein­klang. Für Bay­ern wür­de das zusätz­lich bedeu­ten, dass die Inno­va­tio­nen etwa des Ener­gie­cam­pus Erlan­gen aus­ge­bremst wür­den, da kei­ner sich mehr Gedan­ken über Spei­cher­tech­no­lo­gien etc. machen wür­de. Bei Ihnen geht es viel­leicht um die Erd­ver­ka­be­lung, uns Tras­sen­geg­nern geht es aber um die Ver­hin­de­rung der Tras­se aus den oben genann­ten Gründen.

    2. Sehr geehr­ter Herr Wehe, 

      ich wür­de mich an Ihrer Stel­le schon erst infor­mie­ren über die Orga­ni­sa­ti­on, auf deren Sei­te Sie Ihre Erd­ver­ka­be­lung prei­sen, und dann schrei­ben. Viel­leicht erüb­rigt sich dann die ein oder ande­re Stel­lung­nah­me. Zu hof­fen wäre es. 

      Zur bes­se­ren Nach­voll­zieh­bar­keit unse­rer Hal­tung emp­feh­le ich Ihnen den Arti­kel vom 2.7.15 auf die­ser Sei­te: “Stel­lung­nah­me des Akti­ons­bünd­nis­ses gegen die Süd-Ost-Tras­se zu den Ergeb­nis­sen des Energiedialogs.”

      Vie­le Grüße
      Hubert Galozy

      1. Sor­ry, “Ener­gie­gip­fel” statt “Ener­gie­dia­log”. Bit­te um Ent­schul­di­gung, bin aller­dings vor­ge­schä­digt und selbst betrof­fen von die­sen Pseudo-Politiker-Ich-Muss-Die-Zeit-Totschlagen-Veranstaltungen. 

        Das Ergeb­nis des “Ener­gie­gip­fels” hät­te auch der Vas­si­lia­dis, oder so ähn­lich, von der IG BCE ver­kün­den kön­nen, hät­te uns Steu­er­geld erspart.

        Für den (vor­her bereits fest­ste­hen­den) Mist hät­te der Horst Lorenz echt nicht nach Ber­lin fah­ren müssen.

    3. Erd­ver­ka­be­lung zer­stört den Mikro­or­ga­nis­mus in der Erde durch die aus­strah­len­de Hit­ze der Leitungen.
      Außer­dem muss die Tras­se immer befahr­bar sein wegen mög­li­cher Stör­fäl­le oder Ähn­li­chem. So eine Tras­se hat dann auch eine Brei­te von 30 Metern und ist im Land­schafts­bild sicht­bar. Auf die­ser Tras­se darf kein Baum wach­sen wegen War­tungs­ar­bei­ten. Aber auch als Bau­er möch­te ich nicht ober­halb die­ses magne­ti­schen Fel­des arbeiten.
      Hier gäbe es als Alter­na­ti­ve gas­iso­lier­te Lei­tun­gen soge­nann­te GIL-Leitungen.
      Gas­iso­lier­te Lei­tun­gen von Sie­mens ent­wi­ckelt, sind seit über 35 Jah­re im Ein­satz und erprobt. Die­se Lei­tun­gen hat auch schon Ampri­on gebaut, aller­dings nur als HDÜ (Höchst­span­nungs­dreh­stroml.)
      GIL Lei­tun­gen haben kein elek­tri­sches- und kein magne­ti­sches Feld, man kann sich über ihnen belie­big lang auf­hal­ten, sie stö­ren weder Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons- noch Flugüberwachungen.

      GIL- Lei­tun­gen sind wartungsfrei.

      Zuletzt wur­den sie am Frank­fur­ter Flug­ha­ven ein­ge­setzt und beim
      Umzug der Pau­la­ner Braue­rei nach Lang­wied in Mün­chen, nach den Vide­os zu urtei­len haben sie anschei­nend nur Vorteile.

      Wie es aus­sieht könn­te die­se Lei­tung den Trassen-Albtraum
      besänftigen.
      Nach­tei­le: Die­se Lei­tung ist laut Sie­mens 4x so teu­er wie
      eine Freilandleitung.
      Aber Sie­mens denkt schon an eine Kom­bi­na­ti­on von Strom- und Daten­ver­bin­dun­gen. Dies ist auf der Inter­net­sei­te von Sie­mens zu lesen.
      Wei­ter­hin heißt es dort: „Bei­de Infra­struk­tur­net­ze zusam­men in einem begeh­ba­ren Tun­nel neben Auto­bah­nen, Schiff­fahrts­ka­nä­len oder Eisen­bahn­li­ni­en ver­schwin­den zu las­sen“, das wäre eine Idee so berich­tet der Sie­mens Ent­wick­lungs­chef für GIL-Leitungen.
      Wenn schon Koh­le­kraft­wer­ke wegen den Arbeits­plät­zen nicht abge­baut wer­den kön­nen und die Rech­nung der Strom­kun­de bezahlt. Wie­so haben ande­re Staats­bür­ger die auf­grund des Trans­por­tes die­ses unnö­ti­gen Koh­le­stroms gesund­heit­lich belas­tet wer­den nicht auch das Recht hier weit­ge­hendst geschützt zu werden?
      Wäre es nicht inno­va­tiv und der Zeit vor­aus wenn HGÜ Lei­tun­gen nach den Vor­schlä­gen von Sie­mens erprobt wür­den. Aber da sit­zen ein paar Leu­te bei der Bun­des­netz­agen­tur die einen x‑beliebigen Text aus­wen­dig gelernt haben und den ver­brei­ten sie gebets­müh­len­ar­tig bei den fra­gen­den Bür­gern, sagen aber nicht was der Bür­ger wis­sen will, infor­mie­ren nicht über ande­re Mög­lich­kei­ten, weil sie eben nur das wis­sen was sie aus­wen­dig gelernt haben.

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