Die Bun­des­netz­agen­tur – ein “neu­tra­le Genehmigungsbehörde”

Von: Karin Stahl (k.stahl@geomatrixx.de)

In ihrem Press­be­richt vom 04.09.2015 schreibt die Bun­des­netz­agen­tur, dass im Rah­men der Kon­sul­ta­ti­on 34.211 Stel­lung­nah­men ein­gin­gen und „die meis­ten Argu­men­te zum Umwelt­be­richt betra­fen Beden­ken hin­sicht­lich elek­tri­scher und magne­ti­scher Fel­der, Aspek­te des Land­schafts­schut­zes und die mög­li­chen Aus­wir­kun­gen der Strom­lei­tun­gen auf den Vogel­schutz.“
http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1411/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/150904_NEP_Strom.html?nn=265794

Was die Bun­des­netz­agen­tur den Bür­gern verschweigt:

  • Der Umwelt­be­richt stellt fest, dass in ca. 40 % der Unter­su­chungs­räu­me für Tie­re und Pflan­zen erheb­li­che Umwelt­aus­wir­kun­gen anste­hen. Das­sel­be gilt für ein Sechs­tel der Menschen.
  • Der Umwelt­be­richt hat einen gra­vie­ren­den Man­gel, da kei­ne stra­te­gi­sche Umwelt­prü­fung mit Alter­na­tiv­prü­fun­gen durch­ge­führt wurde.

Nicht berück­sich­tigt wur­den u.a. Ener­gie­ef­fi­zi­enz durch Strom­spa­ren, der dyna­mi­sche Aus­bau erneu­er­ba­rer Ener­gien, der Ein­satz dezen­tra­ler Ersatz­kraft­wer­ke usw.
Aus die­sem Grund hat der BUND auch Beschwer­de wegen Ver­sto­ßes gegen die SUP-Richt­li­nie bei der EU-Kom­mis­si­on eingelegt.

  • – Ange­sichts der zu erwar­ten­den Immis­sio­nen durch elek­tri­sche und magne­ti­sche Fel­der von HGÜ-Lei­tun­gen und bestehen­der Rege­lungs­lü­cken spricht die SSK fol­gen­de Emp­feh­lung aus:
    „Die Anga­ben von belast­ba­ren Schwel­len­wer­ten für Wahrnehmungs‑, Belästigungs‑, Schmerz- und Gefähr­dungs­ef­fek­te ist im Hin­blick auf die begrenz­te Daten­la­ge ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Anzahl der unter­such­ten Per­so­nen und der Ein­flüs­se von Kofak­to­ren wie z.B. Ionen­dich­te, der­zeit nicht mög­lich. Die SSK emp­fiehlt daher die Durch­füh­rung wei­te­rer For­schungs­pro­jek­te zur Wahr­neh­mung vor allem in Form von Human­stu­di­en unter gut kon­trol­lier­ten Bedingungen.“
  • Die Süd-Ost-Pas­sa­ge (Kor­ri­dor D) wird nicht für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit Bay­erns benö­tigt, sie dient der Braun­koh­le­ver­stro­mung und dem Strom­tran­sit DURCH Bay­ern nicht FÜR Bay­ern und för­dert somit den euro­päi­schen Stromhandel.
  • Der Aus­bau der Strom­net­ze wie im NEP Strom vor­ge­se­hen, ver­hin­dert eine bür­ger­na­he dezen­tra­le Energieversorgung.
  • Den Netz­be­trei­bern und ihren Finanz­in­ves­to­ren wur­de von der Bun­des­netz­agen­tur eine staat­lich garan­tier­te Eigen­ka­pi­tal­ren­di­te von 9,05% zuge­si­chert. Die­se garan­tier­te Eigen­ka­pi­tal­ren­di­te zahlt der Bür­ger über sei­ne Stromrechnung.

So genau woll­te die Bun­des­netz­agen­tur in ihrem Pres­se­be­richt dann doch nicht auf die Argu­men­te der Städ­te, Gemein­den, Orga­ni­sa­tio­nen und Bür­ger ein­ge­hen.
Da fällt es einem schwer zu glau­ben, dass es sich bei der Bun­des­netz­agen­tur um eine „neu­tra­le Geneh­mi­gungs­be­hör­de“ han­delt. Aber viel­leicht gibt es ja auch den Weih­nachts­mann, zumin­dest glau­ben Kin­der noch daran.

5 Gedanken zu „Die Bun­des­netz­agen­tur – ein “neu­tra­le Genehmigungsbehörde”“

  1. Dan­ke für die­se Analyse.
    Das Grund­pro­blem ist aller­dings bei der feh­ler­haf­ten SUP-Direk­ti­ve der EU zu suchen. Die sieht näm­lich kei­ne ver­bind­li­che Bür­ger­be­tei­li­gung und Zugang zu Gerich­ten für die Bür­ger vor
    WENN ALLE OPTIONEN NOCH OFFEN SIND. Nach der­zei­ti­ger natio­na­ler und euro­päi­scher Rechts­la­ge sind die wesent­li­chen Optio­nen schon längst durch Gesetz­te wie das NABEG und Das Bun­des­be­darfs­plan­ge­setz vor­ent­schie­den, ohne dass Betrof­fe­ne direkt und ver­bind­lich betei­ligt wur­den. Eben­so fehlt ein Ener­gie­ver­sor­gungs­kon­zept für Deutsch­land. Die Aar­hus Kon­ven­ti­on wird der­zeit von der Aar­hus Kon­ven­ti­on Initia­ti­ve beackert (www.aarhus-konvention-initiative.de) unter Betei­li­gung inter­na­tio­nal täti­ger Anwäl­te und Green­peace. Ein ers­ter Schritt wur­de bereits in der Lau­sitz getan, dort reich­te ein Bünd­nis von BUND Bran­den­burg, der Anwalts­kanz­lei Gün­ther und Green­peace sowie der Ver­ei­ni­gung Grü­ne Liga eine Nor­men­kon­troll­kla­ge gegen die Erwei­te­rung des Braun­koh­le­ta­ge­baus Wel­zow ein http://www.kein-weiteres-dorf.de/news/243-braunkohlenplan-fuer-geplanten-vattenfall-tagebau-ist-rechtswidrig

  2. Demo­kra­tie ist für die Bun­des­netz­agen­tur ein Fremd­wort oder sie defi­niert es anders.
    Ich bin erschüt­tert wie dreist die BNA ihre Aus­wer­tun­gen vor­nimmt – dass wesent­li­che Punk­te ein­fach ver­schwie­gen wer­den, anders dar­ge­stellt uvm.

    Uns im Nürn­ber­ger Land trifft es dop­pelt – Kor­ri­dor D und die Hoch­rüs­tung der 220 kV-Lei­tung auf 380 kV von Rait­ter­saich – über Luders­heim (Nürn­ber­ger Land) nach Niederbayern.
    Die­se Hoch­rüs­tung geht durch Win­kel­haid und durch Gstein­ach. Nahe vor­bei an der Wohn­be­bau­ung. Da woh­ne ich. Das kanns nicht sein.
    Der Wider­stand muss wei­ter­ge­hen. Demo­kra­tie muss Demo­kra­tie bleiben.

    1. @ Tan­ja Holl:
      Da gebe ich dir Recht.
      Wir müs­sen vor­ran­gig auch die Quel­le des Stroms bekämp­fen, der durch die­se Lei­tun­gen gejagt wer­den soll, die Braun­koh­le näm­lich. Ohne Braun­koh­lestrom wer­den die Lei­tun­gen über­flüs­sig. Die Aktio­nen zu “Ende Gelän­de” in Garz­wei­ler und Anti-Koh­le-Ket­te in der Lau­sitz gin­gen ja groß­flä­chig durch die Pres­se. Dort in den Revie­ren Wider­stand zu leis­ten ist extrem und erfor­dert viel Mut. Dage­gen ist das unde­mo­kra­ti­sche Ver­hal­ten der Bun­des­netz­agen­tur uns Tras­sen­geg­nern gegen­über ein Klacks. Aber auch dem müs­sen wir begeg­nen, und zwar gemein­sam auf allen Ebe­nen. Am 21.09. fin­det in Erlan­gen eine Ver­an­stal­tung Bür­ger­dia­log Strom­netz statt, da soll­ten wir zahl­reich erschei­nen, ich bin dabei.

  3. Die Bun­des­netz­agen­tur ist kei­ne neu­tra­le Regu­lie­rungs­be­hör­de, und Homann ist eigent­lich Poli­ti­ker, ein deut­scher poli­ti­scher Beam­ter soll­te sich neu­tra­ler ver­hal­ten. Um mal zu sehen, wie Herr Homann das so mit der Ener­gie­wen­de sieht, hier ein paar Zita­te aus sei­ner Anfangs­zeit 2012, die erklä­ren, wo er steht: “Der Aus­tausch von CO2-frei­en Atom­strom gegen CO2-frei­en Strom aus Erneu­er­ba­ren bringt dem Kli­ma nichts”, dies sei eine “Milch­mäd­chen­rech­nung”.
    Oder: “Inno­va­ti­on ist dann am erfolg­reichs­ten, wenn sie markt­ge­trie­ben ist” und “Der Staat soll­te sich in der Wirt­schaft zurück hal­ten” – oder eben, wie Homann das macht, der Staat muss der Wirt­schaft die Ent­schei­dun­gen über­las­sen und sich als Erfül­lungs­ge­hil­fe betätigen.
    Durch­ge­setzt hat­te die Neu­be­set­zung bei der BNetzA der dama­li­ge Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Phil­ipp Rös­ler (FDP). Noch Fragen?

    http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/10717-der-neue-strippenzieher-der-netzagentur

  4. Also mei­ne Aspek­te gegen die HGÜs wur­den von Herrn Homann in der Pres­se­er­klä­rung wei­test­ge­hend nicht genannt. Die HGÜs nicht zur Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Bay­ern, statt­des­sen für den euro­päi­schen Strom­han­del, geht halt nicht so schön run­ter für die Bevöl­ke­rung. Die Netz­ent­gel­te machen jetzt schon über ein Vier­tel der Strom­rech­nung aus. Das wird noch mehr, sind doch die zwei­stel­li­gen Mil­li­ar­den­be­trä­ge für die HGÜs nocht nicht drin. Und das alles nur, damit sich RWE, E.ON, Vat­ten­fall und Co. sich die Taschen am euro­päi­schen Strom­han­del voll­ma­chen und die Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber die Mil­li­ar­den Ihrer Inves­to­ren mit 9,05% Eigen­ka­pi­tal­ren­di­te ver­zinst bekommen.

    Wei­ter­hin stellt sich Homann stur was die Anzahl der Ein­sprü­che angeht. 34.211 sind deut­lich zu wenig. Kein Wun­der, hat­te doch der “Kun­den­dia­log” der BNetzA vor eini­gen Wochen per e‑mail geschrie­ben, dass iden­ti­sche Mus­ter­vor­la­gen als “1” Ein­ga­be zäh­len. Da soll­ten des­halb noch ein paar zehn­tau­sen­de feh­len. Macht aber eigent­lich nichts, auch die rund 34.000 haben nichts gebracht oder ist eine der HGÜs ver­hin­dert worden?

    Übri­gens ist laut Aus­sa­ge von Ampri­on der End­punkt Lands­hut der Süd-Ost Pas­sa­ge eine rein “poli­ti­sche Ent­schei­dung”. Die bau­en natür­lich trotz­dem, wären ja blöd das Mil­li­ar­den­ge­schäft aus­zu­schla­gen. Nur soviel zur angeb­li­chen Not­wen­dig­keit der HGÜ-Leitungen.

    Und wer erin­nert sich nicht gern an die Wor­te eines Refe­ren­ten vom Öko-Insti­tut beim Ern­er­gie­dia­log: Die Ver­län­ge­rung des Start­punk­tes der Süd-Ost Pas­sa­ge nach Nor­den von Bad Lauch­städt nach Wol­mir­stedt sind die “Oppor­tu­ni­täts­kos­ten der Akzep­tanz” für eine Braun­koh­le­lei­tung. Vie­len Dank für die offe­nen Wor­te, auch wenn sie nur in einer Pau­se gespro­chen wur­den. In den Refe­ra­ten wur­de natür­lich fleis­sig für “Wind­strom von Nor­den nach Süden” Pro­pa­gan­da gemacht.

    Anbei noch ein net­ter Link, wie­viel die EU in den nächs­ten Jah­ren euro­pa­weit für den Netz­aus­bau aus­ge­ben möch­te (ein wenig für den Breit­band­aus­bau ist auch dabei). Hur­ra, Kon­junk­tur­pro­gramm für die Wirt­schaft, bezahlt von den Strom­kun­den und Steu­er­zah­lern. Dan­ke, dafür! Die Poli­ti­ker ver­ste­hen eben, was die Wirt­schafts­lob­by­is­ten wollen! 

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Parlament-billigt-Investitionsplan-fuer-Netzausbau-2729689.html

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