von ThoÂmas GrünÂder <nbglandsued@stromautobahn.de>
Aus aktuÂelÂlem Anlass der BestäÂtiÂgung des NetzÂentÂwickÂlungsÂplans durch die BunÂdesÂnetzÂagenÂtur (BNetzA) möchÂten wir die derÂzeiÂtiÂge EntÂwickÂlung aus Sicht der lokaÂlen BürÂgerÂinitiaÂtiÂve interÂpreÂtieÂren und einÂschätÂzen. Wie nähert man sich nun einem hochÂkomÂpleÂxen TheÂma, ohne dass sich die Leser abwenÂden? Der nachÂfolÂgenÂde ArtiÂkel stellt einen Abriss der VerÂwerÂfunÂgen auf dem EnerÂgieÂsekÂtor dar und fasst die wichÂtigsÂten AspekÂte zusammen.
Zum ErgebÂnis des EnerÂgieÂgipÂfels vom 01.07.2015
Das ErgebÂnis des KoaliÂtiÂonsÂgipÂfels in BerÂlin lauÂtet: 2‑x=2, d.h. alle TrasÂsen solÂlen komÂmen. Es sieht so aus, als wären die EntÂscheiÂdungsÂträÂger endÂgülÂtig vor der EnerÂgieÂlobÂby einÂgeÂknickt. Nur wie, in welÂcher Form und auf welÂcher RouÂte soll der KorÂriÂdor D reaÂliÂsiert werÂden? Die ÖffentÂlichÂkeit wurÂde mit der AusÂsicht der FühÂrung auf BestandÂstrasÂsen ohne “mordsÂmäÂßig aufÂzuÂstänÂdern“ [Zitat: S. GabriÂel, PresÂseÂkonÂfeÂrenz 02.07.2015], sowie der PerÂspekÂtiÂve auf überÂwieÂgenÂde ErdÂverÂkaÂbeÂlung vorÂerst ruhig gestellt, doch der Schein trügt. Mit LandsÂhut wurÂde auf der GrundÂlaÂge einer SkizÂze von SigÂmar GabriÂel ein mögÂliÂcher neuÂer EndÂpunkt verÂöfÂfentÂlicht und in den MediÂen über einen neuÂen VerÂlauf speÂkuÂliert. Hier rückt der in der OberÂpfalz über SchwanÂdorf verÂlauÂfenÂde OstÂbayÂernÂring als mögÂliÂche neue RouÂte ins ZenÂtrum der BetrachÂtung, ein Abzweig führt über die mit P53 bezeichÂneÂte bestehenÂde WechÂselÂstromÂtrasÂse weiÂterÂhin durch das AltÂdorÂfer StadtÂgeÂbiet nach LudersÂheim, welÂches in allen bisÂher vorÂgeÂstellÂten PlaÂnungsÂvaÂriÂanÂten eine zenÂtraÂle RolÂle spielt. KönnÂte es mögÂlich sein, dass LudersÂheim zu einem zenÂtraÂlen HGÜ-KnoÂtenÂpunkt für durchÂaus mögÂliÂche Ost-WestÂVerÂbinÂdunÂgen ausÂgeÂbaut werÂden soll? In dieÂsem FalÂle wäre die Stadt AltÂdorf von HGÜ-TrasÂsen umzinÂgelt und die angrenÂzenÂden GemeinÂden, die sich bisÂher „sicher“ fühlÂten, werÂden schnell zu BetrofÂfeÂnen. Wir sind gemeinÂsam mit dem Bund NaturÂschutz, den EnerÂgieÂbünÂdeln, dem SolarÂförÂderÂverÂein, dem AktiÂonsÂbündÂnis gegen KorÂriÂdor D, den komÂmuÂnaÂlen poliÂtiÂschen ParÂteiÂen u. a. der MeiÂnung, dass eine nachÂhalÂtiÂge EnerÂgieÂwenÂde nur dezenÂtral gelinÂgen kann, ohne HGÜ-TrasÂsen! BestäÂtigt wird dies durch zahlÂreiÂche StuÂdiÂen unabÂhänÂgiÂger WisÂsenÂschaftÂler aus dem Bereich der EnerÂgieÂwirtÂschaft, z.B. Prof. ClauÂdia KemÂfert et al. Zur NachÂhalÂtigÂkeit gehöÂren u.a. die SteiÂgeÂrung der EnerÂgieÂefÂfiÂziÂenz und – einÂspaÂrung, der weiÂteÂre konÂtiÂnuÂierÂliÂche Zubau regeÂneÂraÂtiÂver EnerÂgieÂquelÂlen und die EntÂwickÂlung hochÂwirkÂsaÂmer SpeiÂcherÂmeÂdiÂen. So steht beiÂspielsÂweiÂse die von der UniÂverÂsiÂtät ErlanÂgen in KoopeÂraÂtiÂon mit HydroÂgeÂnious TechÂnoÂloÂgies entÂwiÂckelÂte, auf regeÂneÂraÂtiv gewonÂneÂnem WasÂserÂstoff basieÂrenÂde SpeiÂcherÂtechÂnoÂloÂgie LOHC (=liquid orgaÂnic hydroÂgen carÂriÂer) kurz vor der MarktÂreiÂfe, bei hoher bis sehr hoher EnerÂgieÂdichÂte. FerÂner kann durch die konÂseÂquenÂte ForÂschung und WeiÂterÂentÂwickÂlung von Power-to-Gas die bestehenÂde GasÂnetz-InfraÂstrukÂtur genutzt, sowie langÂfrisÂtig die AbhänÂgigÂkeit vom ErdÂgasÂimÂport reduÂziert werÂden. Die schwanÂkenÂde ErzeuÂgung von Wind- und SolarÂenerÂgie lässt sich durch hochÂefÂfiÂziÂenÂte GasÂkraftÂwerÂke in VerÂbinÂdung mit vieÂlen BlockÂheizÂkraftÂwerÂken ausÂgleiÂchen, die im ÜberÂgangsÂzeitÂraum einen wichÂtiÂgen BeiÂtrag zur VerÂsorÂgungsÂsiÂcherÂheit leisÂten. Das ist alles nicht neu, denn es stellt das ErgebÂnis des bayeÂriÂschen EnerÂgieÂdiaÂlogs aus dem FebruÂar 2015 dar und ist allen hanÂdelnÂden PoliÂtiÂkern besÂtens bekannt. BedauÂerÂliÂcherÂweiÂse „verÂtrauÂen“ sie immer noch ausÂschließÂlich den groÂßen EnerÂgieÂverÂsorÂgern und den ÜberÂtraÂgungsÂnetzÂbeÂtreiÂbern, deren OliÂgoÂpol alles andeÂre als einen freiÂen Markt darstellt.
BestäÂtiÂgung des NetzÂentÂwickÂlungsÂplans durch die BnetzA
Wie nicht anders erwarÂtet hat die BNetzA den NetzÂentÂwickÂlungsÂplan 2014/2. EntÂwurf am 04.09.2015 im HinÂblick auf die NotÂwenÂdigÂkeit aller HGÜ-TrasÂsen bestäÂtigt. Nach wie vor ist der AnfangsÂpunkt von KorÂriÂdor D in WolÂmirÂstedt und der EndÂpunkt in GundÂremÂminÂgen, d.h. der von AmpriÂon geplanÂte VerÂlauf ist nicht vom Tisch. Um darÂan etwas zu ändern muss das BunÂdesÂbeÂdarfsÂplanÂgeÂsetz geänÂdert werÂden. Unser Ziel der BefürÂworÂter einer dezenÂtraÂlen EnerÂgieÂwenÂde ist es jedoch nicht, den TrasÂsenÂkorÂriÂdor einÂfach zum NachÂbarn hin zu verÂschieÂben, sonÂdern vielÂmehr ihn vollÂstänÂdig zu verÂhinÂdern. Die BNetzA spricht im RahÂmen der ÖffentÂlichÂkeitsÂbeÂteiÂliÂgung von 34.211 einÂgeÂganÂgeÂnen StelÂlungÂnahÂmen zum NetzÂentÂwickÂlungsÂplan, da vieÂle SchreiÂben von mehÂreÂren PerÂsoÂnen unterÂzeichÂnet wurÂden, sei die GesamtÂzahl der KonÂsulÂtaÂtiÂonsÂteilÂnehÂmer mit 39.093 deutÂlich höher. Das ist mehr als interÂesÂsant: Allein die im AktiÂonsÂbündÂnis gegen KorÂriÂdor D orgaÂniÂsierÂten BürÂgerÂinitiaÂtiÂven haben durch seriöÂse ZähÂlung dieÂse Zahl schon fast erreicht. SollÂte die von der BNetzA verÂöfÂfentÂlichÂte Anzahl an StelÂlungÂnahÂmen tatÂsächÂlich stimÂmen, dann hätÂten sich über 100 BIs, die sich entÂlang des geplanÂten SuedÂLinks für die dezenÂtraÂle EnerÂgieÂwenÂde einÂsetÂzen mehr als zurückÂgeÂhalÂten; sehr erstaunÂlich! Wir haben etwa 50.000–70.000 StelÂlungÂnahÂmen erwarÂtet und kriÂtiÂsieÂren u.a. die fehÂlenÂde TransÂpaÂrenz und ComÂpliÂanÂce des GesamtÂverÂfahÂrens, sowie die offenÂbar nicht vorÂhanÂdeÂne UnabÂhänÂgigÂkeit des staatÂlich einÂgeÂsetzÂten KonÂtrollÂorgans BunÂdesÂnetzÂagenÂtur. KönnÂte es sein, dass hier erneut ein weiÂteÂres ArguÂment gelieÂfert wird, welÂches unseÂre TheÂse stützt? Die Leser mögen sich bitÂte selbst ein Bild davon machen.
VerÂsorÂgungsÂsiÂcherÂheit vs. euroÂpäiÂscher Stromhandel
Nach dem 2011 beschlosÂseÂnen AtomÂausÂstieg haben die EnerÂgieÂkonÂzerÂne die MögÂlichÂkeiÂten der EnerÂgieÂwenÂde weitÂgeÂhend verÂschlaÂfen und verÂsuÂchen nun durch die für vieÂle anschauÂliÂche – aber leiÂder unwahÂre – DarÂstelÂlung „der überÂschüsÂsiÂge WindÂstrom aus dem NorÂden muss in den Süden transÂporÂtiert werÂden“ den euroÂpäiÂschen StromÂhanÂdel als äußerst lukraÂtiÂves GeschäftsÂfeld aufÂzuÂbauÂen. RichÂtig ist, dass sich NordÂdeutschÂland heuÂte geraÂde einÂmal zu etwa 40% selbst regeÂneÂraÂtiv verÂsorÂgen kann. Der StartÂpunkt von KorÂriÂdor D liegt zudem im EinÂzugsÂgeÂbiet der ostÂdeutÂschen BraunÂkohÂleÂkraftÂwerÂke, die alleÂsamt träÂge GrundÂlastÂkraftÂwerÂke sind und ganzÂjähÂrig durchÂlauÂfen müssen.
Wohin also mit dem verÂmeintÂlich überÂschüsÂsiÂgen regeÂneÂraÂtiÂven Strom? DieÂser geht überÂwieÂgend in den euroÂpäiÂschen StromÂhanÂdel, die BunÂdesÂreÂpuÂblik DeutschÂland war 2014 zum wieÂderÂholÂten Male ExporÂtÂeuÂroÂpaÂmeisÂter: Etwa die dopÂpelÂte (!) JahÂresÂbrutÂtoÂleisÂtung des KKWs GundÂremÂminÂgen wird heuÂte bereits exporÂtiert und dies soll durch den AufÂbau eines euroÂpäiÂschen NetÂzes (=superÂgrid) weiÂter gesteiÂgert werÂden. Die WahrÂheit zur VerÂsorÂgungsÂsiÂcherÂheit BayÂerns ist: Nach der AbschalÂtung des KKWs GraÂfenÂrheinÂfeld war im Juli 2015 reviÂsiÂonsÂbeÂdingt in BayÂern nur ein einÂziÂger ReakÂtorÂblock am Netz, ohne dass es zu BlackÂouts gekomÂmen ist. Sehr verÂwunÂderÂlich, vor allem da noch nicht einÂmal die sich bereits im Bau befindÂliÂche ThüÂrinÂger StromÂbrüÂcke mit einer gesiÂcherÂten LeisÂtung von rund 2GW in Betrieb ist.
GegenÂwärÂtiÂges Fazit
Aus unseÂrer Sicht soll der Bau von KorÂriÂdor D aus objekÂtiv nicht mehr haltÂbaÂren GrünÂden wie droÂhenÂden BlackÂouts, der EinÂfühÂrung geteilÂter StromÂpreisÂzoÂnen und einer abwanÂdeÂrungsÂbeÂreiÂten IndusÂtrie mit aller staatÂliÂchen und mediaÂlen Gewalt durchÂgeÂzoÂgen werÂden. Dafür wurÂde 2011 sogar die BürÂgerÂbeÂteiÂliÂgung durch das NetzÂausÂbauÂbeÂschleuÂniÂgungsÂgeÂsetz (NABEG) weitÂgeÂhend ausÂgeÂschlosÂsen und der KlaÂgeÂweg auf eine Instanz verÂkürzt. Was könÂnen Sie jetzt tun? SpreÂchen Sie mit Ihren PoliÂtiÂkern vor Ort, wenÂden Sie sich an die BunÂdesÂtagsÂabÂgeÂordÂneÂten Ihres WahlÂkreiÂses. Äußern Sie Ihren Unmut darÂüber, dass die BeweisÂlast für mögÂliÂche GesundÂheitsÂriÂsiÂken durch elekÂtroÂmaÂgneÂtiÂsche FelÂder bei den BetrofÂfeÂnen liegt, dass die Natur, Zukunfts- und EntÂwickÂlungsÂchanÂcen, sowie AltersÂsiÂcheÂrung beiÂspielsÂweiÂse in Form von ImmoÂbiÂliÂen ganÂzer RegioÂnen schlagÂarÂtig verÂnichÂtet werÂden, wähÂrend die NetzÂbeÂtreiÂber 9,05% RenÂdiÂte für das einÂgeÂsetzÂte EigenÂkaÂpiÂtal erhalÂten. Wer sich gemeinÂsam mit uns und den lokaÂlen VerÂtreÂtern der poliÂtiÂschen ParÂteiÂen in AltÂdorf für eine dezenÂtraÂle EnerÂgieÂwenÂde und damit aktiv gegen die HGÜ-TrasÂse einÂsetÂzen will ist jederÂzeit zu den regelÂmäÂßiÂgen öffentÂliÂchen SitÂzunÂgen der BI RaumÂwiÂderÂstand Altdorf/Burgthann einÂgeÂlaÂden. TerÂmiÂne und weiÂterÂfühÂrenÂde aktuÂelÂle InforÂmaÂtioÂnen finÂden Sie auf unseÂrer InterÂnetÂseiÂte https://www.stromautobahn.de.
Die FreiÂen WähÂler haben ganz aktuÂell bei Hr. Prof. Dr. Lorenz Jarras ein wisÂsenÂschaftÂliÂches GutÂachÂten über die NotÂwenÂdigÂkeit und AlterÂnaÂtiÂven der HGÜ-LeiÂtunÂgen nach BayÂern erstelÂlen lassen.
Aus dem GutÂachÂten geht einÂdeuÂtig herÂvor, dass die geplanÂten GleichÂstromÂtrasÂsen für die südÂdeutÂsche StromÂverÂsorÂgung überÂflüsÂsig sind und nur dem TransÂport von KohÂleÂstrom und dem damit verÂbunÂdeÂnen euroÂpaÂweiÂtem StromÂhanÂdel dieÂnen. DarÂüber hinÂaus liest es sich für ein so hochÂtechÂniÂsches TheÂma auch für den LaiÂen ausÂgeÂsproÂchen verständlich.
Das gesamÂte GutÂachÂten kann über dieÂsen Link geleÂsen werÂden: http://fw-landtag.de/fileadmin/user_upload/Gutachten_Jarass_zu_HGUE-Leitungen_nach_Bayern_FREIE_WAEHLER_18.09.2015.pdf
Wohin der Weg gehen soll hat ThoÂmas GrünÂder geraÂde sehr gut aufÂgeÂzeigt. ObjekÂtiv sind die für den Bau der GleichÂstromÂleiÂtunÂgen genannÂten GrünÂde tatÂsächÂlich nicht mehr haltbar.