State­ment unse­res Bür­ger­meis­ters Mar­tin Tabor

Am 9. Okto­ber 2025 pos­te­te unser Bür­ger­meis­ter Mar­tin Tabor auf Face­book. Er gestat­te­te uns die­sen Post hier zu ver­öf­fent­li­chen. Vie­len Dank!

Alt­dorfs Bür­ger­meis­ter Mar­tin Tabor auf Facebook

Vie­le fra­gen mich, war­um ich mich seit Jah­ren so vehe­ment gegen den Tras­sen­bau von Ten­net, gegen den Quarz­sand­ab­bau bei Röthen­bach und die PWC-Anla­ge bei Eis­manns­berg in unse­rem Stadt­ge­biet ein­set­ze. Die­se Fra­ge ist berech­tigt – und ich möch­te sie am Bei­spiel des Tras­sen­baus auf vier Ebe­nen beantworten:

Ers­tens: Als Bür­ger­meis­ter füh­le ich mich für alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger unse­rer Stadt ver­ant­wort­lich. Was in Luders­heim geplant ist, ver­än­dert unser Orts- und Natur­bild grund­le­gend. Wäl­der sol­len groß­flä­chig gero­det wer­den, über Jah­re hin­weg ent­steht eine rie­si­ge Bau­stel­le mit Zufahr­ten, Arbeits­flä­chen und Pro­vi­so­ri­en – und all das hin­ter­lässt blei­ben­de Spu­ren. Grund­stü­cke wer­den ent­wer­tet, die Belas­tun­gen durch Auto­bahn­lärm, durch den Betrieb von Strom­lei­tun­gen – etwa bei Regen – sowie durch elek­tri­sche Strah­lung wer­den sich mas­siv erhö­hen. Ich sehe mei­ne Auf­ga­be dar­in die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger vor Scha­den zu bewahren.

Zwei­tens: Der Aus­bau des Umspann­werks in Luders­heim wird die­sen Stand­ort vor­aus­sicht­lich zu einem zen­tra­len Netz­kno­ten­punkt für Mit­tel- und Nord­bay­ern machen. Damit ist abseh­bar, dass wei­te­re Lei­tun­gen aus dem Osten und Nor­den hier zusam­men­tref­fen. Das hät­te zur Fol­ge, dass unser Stadt­ge­biet erneut belas­tet wird – und zwar durch wei­te­re Tras­sen­ver­fah­ren. Beson­ders bedroht wären dann unse­re Orts­tei­le im Wes­ten und Nor­den: Röthen­bach, Zie­gel­hüt­te, Wel­litz­leit­hen, Heg­nen­berg, Pühl­heim, Rie­den und Hagenhausen.

Drit­tens: Je tie­fer ich mich mit der The­ma­tik befasst habe, des­to kla­rer wur­de mir: Die­ses zen­tra­le Tras­sen­pro­jekt dient vor allem den Geschäfts­mo­del­len gro­ßer Ener­gie­kon­zer­ne. Ein Blick in die Eigen­tü­mer­struk­tu­ren zeigt deut­lich, wer hier pro­fi­tiert: inter­na­tio­na­le Invest­ment­fonds und Staats­fonds – zuletzt aus den Nie­der­lan­den, Sin­ga­pur und Nor­we­gen. Das hat nichts mit Nächs­ten­lie­be zu tun, son­dern mit der Hoff­nung auf siche­re Ren­di­ten. Dass Deutsch­land selbst sich nicht stär­ker enga­giert, ist ein Armuts­zeug­nis. Eine ech­te Ener­gie­wen­de sieht anders aus: dezen­tral, mit loka­ler Wert­schöp­fung, regio­na­ler Pro­duk­ti­on, Spei­che­rung und Nut­zung von Strom vor Ort. Dank immer güns­ti­ge­rer Spei­cher- und Bat­te­rie­tech­nik wird das in Zukunft pro­blem­los mög­lich sein. Das Per­fi­de dar­an ist: Wäh­rend inter­na­tio­na­le Inves­to­ren Ren­di­ten ein­strei­chen, stei­gen gleich­zei­tig die Strom­rech­nun­gen für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger. Genau dafür set­zen wir uns in Alt­dorf nicht ein – wir wol­len eine ech­te Ener­gie­wen­de vor Ort.

Vier­tens: Schaut man auf die Kar­ten, so zeigt sich deut­lich: Es gäbe wesent­lich ver­träg­li­che­re Tras­sen­füh­run­gen. Soll­te man am Ende tat­säch­lich zu dem Schluss kom­men, die­se Lei­tung bau­en zu müs­sen, stellt sich die ernst­haf­te Fra­ge, war­um sie aus­ge­rech­net durch den Fla­schen­hals bei Alt­dorf geführt wer­den soll – und nicht über Alter­na­ti­ven, die für Mensch und Natur wesent­lich scho­nen­der wären. Sich hier nur von einem Algo­rith­mus ent­lang der Auto­bahn lei­ten zu las­sen, greift zu kurz.

Fazit:
Ein Blick in den Pro­jekt­at­las zeigt die Dra­ma­tik: Die Tras­se rückt bis auf 100 Meter an Wohn­be­bau­ung her­an, Betrie­be sol­len über­spannt wer­den, Wäl­der auf brei­ten Schnei­sen gero­det – bis hin zur Auto­bahn bei Luders­heim. Damit ver­lie­ren wir wich­ti­ge Schutz­funk­tio­nen, etwa beim Lärm­schutz. Eine Lärm­schutz­wand ist nicht vor­ge­se­hen, da die pro­gnos­ti­zier­ten Über­schrei­tun­gen „nur“ bei drei Dezi­bel lie­gen sol­len – was fak­tisch jedoch einer Ver­dop­pe­lung entspricht.

Aus fast den­sel­ben Grün­den set­ze ich mich auch gegen den Quarz­sand­ab­bau bei Röthen­bach und gegen eine PWC-Anla­ge bei Eis­manns­berg ein. Es geht nicht dar­um, pau­schal „dage­gen“ zu sein, son­dern um bes­se­re Lösun­gen. Für Eis­manns­berg etwa gäbe es eine ein­fa­che Alter­na­ti­ve: die Erwei­te­rung des bestehen­den Park­plat­zes bei Röthen­bach an der A6-Aus­fahrt Altdorf/Leinburg. Dort wäre eine Ein­frie­dung pro­blem­los mög­lich. Aber die­ser Wald soll geschützt blei­ben – wäh­rend für Strom­tras­sen der­sel­be Wald ohne Wei­te­res gero­det wer­den darf. Das ist kaum nach­voll­zieh­bar, auch wenn es sich recht­lich um unter­schied­li­che Ver­fah­ren handelt.

Alt­dorf trägt bereits heu­te eine gro­ße Last für die All­ge­mein­heit – mit zwei Auto­bah­nen, gro­ßen Wind­rä­dern, über 60 Hekt­ar PV-Anla­gen in der Frei­flä­che, zahl­rei­chen Strom­lei­tun­gen und einem gro­ßen Umspann­werk. Es ist an der Zeit, dass auch ande­re Regio­nen ihren Bei­trag leis­ten. Wir kön­nen nicht noch wei­te­re mas­si­ve Ein­grif­fe in unse­re Natur und unse­ren Lebens­raum hinnehmen.

Dar­um sage ich klar: Ich wer­de mit aller Vehe­menz gegen die­se Pro­jek­te kämp­fen – und ich bin froh, dass der Stadt­rat dabei über­par­tei­lich und geschlos­sen an mei­ner Sei­te steht. Ich freue mich, wenn sich wei­te­re Bür­ge­rin­nen und Bür­ger dem Wider­stand anschlie­ßen: durch ihre Stim­me, durch ihre Teil­nah­me an Ver­an­stal­tun­gen – sei es beim Quarz­sand­ab­bau, bei der PWC-Anla­ge in Eis­manns­berg oder beim Ein­satz gegen die­se über­di­men­sio­nier­ten Stromtrassen.

Den genau­en Tras­sen­ver­lauf fin­det man hier: https://ten.projectatlas.app/juraleitung/streckenkarte?map=49.390507,11.328385,13.17,0,0

Mit den ein­zel­nen Schie­bern lässt sich die gesam­te Kar­te ein­se­hen. Auf­fäl­lig ist jedoch, dass die­se zunächst deak­ti­viert sind – gera­de dort, wo das Inter­es­se der Men­schen am größ­ten ist. Das zeigt sehr deut­lich die Arbeits­wei­se von Ten­net und den beauf­trag­ten Büros.

#stadt­alt­dorf­beinürn­berg #gemein­sams­ind­wir­stark”

Foto pri­vat |  Mar­tin Tabor bei der Trak­to­ren-Mahn­wa­che im Juni 2024

Ein Gedanke zu „State­ment unse­res Bür­ger­meis­ters Mar­tin Tabor“

  1. Dan­ke für die Ver­öf­fent­li­chung des Face­book Post von Mar­tin Tabor.
    Nach dem Post auf Face­book hat­te ich auf eine Stel­lung­nah­me ver­zich­tet, da die Dis­kus­si­ons­kul­tur auf Face­book für mich nicht akzep­ta­bel ist.
    Per­sön­lich schät­ze ich die Arbeit von Mar­tin Tabor und die Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Bürgern.
    Aus die­sem Grund möch­te ich zu eini­gen Punk­ten im Post Stel­lung nehmen:
    Zu Erstens:
    Dan­ke für die Aus­sa­ge der ich voll­kom­men zustim­men kann.

    Zu Zwei­tens:
    Luders­heim ist kein zen­tra­ler Kno­ten­punkt, son­dern „ledig­lich“ eine Ver­bin­dung der P53 mit einer Lei­tung nach Schwan­dorf (jeweils 2 Lei­tun­gen). Außer­dem ist ein Ver­teil­netz­an­schluss vor­han­den. Die 380kV Lei­tung nach Schwan­dorf ist bereits im Netz­ent­wick­lungs­plan ent­hal­ten, wird aber noch nicht geplant. Die geplan­te Schalt­an­la­ge ist fast die kleins­te mög­li­che Aus­füh­rung einer Schalt­an­la­ge und weit ent­fernt von einem zen­tra­lem Kno­ten­punkt. Zen­tra­le Kno­ten­punk­te kön­nen in Rai­ter­saich nähe Heils­bronn und Vie­sel­bach bei Erfurt bestaunt werden.
    Für die betrof­fe­nen Bür­ger ist die­se Aus­sa­ge selbst­ver­ständ­lich nicht hilf­reich, da sie auch durch die klei­ne Schalt­an­la­ge mas­siv betrof­fen sind. Es soll­te aber bei der Ver­sach­li­chung der Dis­kus­si­on helfen.

    Zu Drit­tens:
    Lei­der sind in die­sem Absatz eini­ge Fak­ten nicht kor­rekt dargestellt.
    Ten­neT gehört dem nie­der­län­di­schen Staat und Deutsch­land hat ver­sucht Antei­le zu über­neh­men, das ist lei­der durch einen Gerichts­be­schluss, der zu einem 32 Mil­li­ar­den Haus­halts­loch führ­te, gestoppt wor­den. Aus die­sem Grund sind ande­re Inter­es­sen­ten bei Ten­neT ein­ge­stie­gen. Auch der Zwang zur Pri­va­ti­sie­rung der Über­tra­gungs­net­ze ging von der EU aus, nicht von Ten­neT. Im Übri­gen hat Ten­neT im Auf­trag der Bun­des­re­gie­rung Vor­schlä­ge zum Netz­aus­bau gemacht. Das dabei etwas groß­zü­gi­ger gerech­net wur­de, ist in einem kapi­ta­lis­ti­schen Markt nicht ver­wun­der­lich und wären kor­ri­gier­bar gewe­sen. Die Vor­schlä­ge wur­den von der Bun­des­re­gie­rung aber ange­nom­men, was eben­falls kei­ne Schuld von Ten­neT ist, son­dern von der Bun­des­re­gie­rung zu ver­ant­wor­ten ist.
    Ein Aus­bau der Ver­teil­net­ze ist in der Tat drin­gend erfor­der­lich, aber das den ÜNB anzu­las­ten ist nicht kor­rekt, da ÜNB (4 Fir­men) und VNB (802 Fir­men) unab­hän­gi­ge Orga­ni­sa­tio­nen sind. Auch hier sind die Bun­des­re­gie­rung, sowie die Lan­des­par­la­men­te in der Pflicht.
    Alt­dorf ist stolz dar­auf, dass im Ver­wal­tungs­ge­biet mehr Strom erzeugt wird als erfor­der­lich ist. Das ist sehr gut, denn ande­re Gebie­te, wie z.B. die Bal­lungs­räu­me haben nicht die Mög­lich­keit in gro­ßem Umfang Strom zu pro­du­zie­ren und sind auf Unter­stüt­zung z.B. durch Alt­dorf angewiesen.
    Wie kommt aber der Strom, der aktu­ell in Alt­dorf nicht benö­tigt wird, in die Man­gel­ge­bie­te? Dafür ist das Über­tra­gungs­netz zustän­dig und nicht die Verteilnetze!

    Zu Vier­tens:
    Die Bür­ger­initia­ti­ve wur­de gegrün­det um auf den fal­schen Netz­aus­bau und die über­durch­schnitt­li­che Ren­di­te auf­merk­sam zu machen. Lei­der hat die BI in der Ver­gan­gen­heit ver­säumt das Gespräch mit Ten­neT zu suchen, son­dern hat sich auf Stör­ak­tio­nen konzentriert.
    Für mich ist es daher nicht ver­wun­der­lich, dass Ten­neT in Alt­dorf kei­ne Gesprächs­be­reit­schaft zeigt, denn aus Erfah­rung wird man klug. Ich wür­de auch kei­ne Ver­an­stal­tung an einem Ort orga­ni­sie­ren, wenn ich im Vor­aus wüss­te, die­se Ver­an­stal­tung wird gestört, bzw. es wer­den Fra­gen gestellt, die nicht in mei­ner Ver­ant­wor­tung lie­gen und von Ande­ren beant­wor­tet wer­den sollten.
    Seit über 10 Jah­ren wird gegen die Tras­se gekämpft. Es wäre genug Zeit gewe­sen sich Part­ner zu suchen, die Ein­fluss auf die Pla­nung und Geneh­mi­gung neh­men kön­nen. Ers­te Wahl wären da Bun­des­netz­agen­tur oder das Par­la­ment gewesen.

    Mat­thi­as Grobleben

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