Tennet in Altdorf – Stadtratssitzung zum Planfeststellungsverfahren am 23.10.2025
Am Donnerstag, 23.10.25, musste die Firma Tennet dem Altdorfer Stadtrat zum Thema Planfeststellungsverfahren für Juraleitung und Umspannwerk Rede und Antwort stehen. In den vollbesetzten Reihen der Zuhörenden wurden überwiegend Warnwesten getragen – ein Zeichen dafür, wie sehr das Thema die Menschen vor Ort bewegt. Tennet wurde von den Stadträten ins Kreuzverhör genommen. Die Verantwortliche für Projektkommunikation, Helen-Janet Bernardi, tat sich erkennbar schwer damit, die Planungen für die Juraleitung “bürgerfreundlich” zu vermitteln. Kühl und nicht ohne Arroganz stellte sie fest: “Ludersheim ist vom Bundesbedarfsplangesetz als Netzverknüpfungspunkt nominiert. Wir müssen da zwingend hin!”.
Falschbehauptung der Tennet-Vertreterin zum Mindestabstand von Tageszeitung unkommentiert übernommen
Auf alternative Lösungen für umweltverträglichere oder menschenfreundlichere Varianten wollte oder konnte das Tennet-Team nicht eingehen, mehrfach wurde lediglich darauf verwiesen, andere Ideen könne man ja im Planfeststellungsverfahren einbringen. Einige Antworten des Übertragungsnetzbetreibers sorgten für Unruhe und Gelächter. Grund dafür war, dass die Verantwortliche für Bürgerkommunikation Bernardi versuchte, mit Unwahrheiten zu beschwichtigen. So behauptete Bernardi, es handele sich bei empfohlenen Abstand von 400 Metern für Stromtrassen nur um Regelungen zum Sichtschutz, damit solle eine zu große “visuelle Beeinträchtigung” vermieden werden. Was schlicht falsch ist. Besorgniserregend ist, dass diese Falschbehauptung der Tennet-Vertreterin unrecherchiert und unkommentiert von der Tageszeitung “Der Bote” übernommen wurde.
Fakt ist: Es gibt kein Gesetz in Bayern, das einen 400-Meter-Mindestabstand zu Stromtrassen vorschreibt. Es existieren aber Empfehlungen des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für einen Abstand von über 400 Metern. Die Gründe für größere Abstände hängen von der Feldstärke und der Strommenge ab, da diese elektrische und magnetische Felder erzeugen, die Nerven und Muskeln reizen und auf Dauer für gesundheitliche Beeinträchtigungen sorgen können. Der BUND Naturschutz beispielsweise empfiehlt vorsorglich 600 Meter Abstand zur Wohnbebauung – wovon Ludersheim nur träumen kann, hier rückt die Juraleitung auf rund 100 Meter an die Wohnbebauung, eine Verbindungsleitung vom alten zum neuen Umspannwerk auf 40 Meter heran.
Die Stadtratsmitglieder blieben während der Ausführungen insgesamt skeptisch und zeigten sich entsetzt über die Pläne. Zustimmung erhielt die Juraleitung von niemandem im Raum.
Menschen- und naturfreundlichere Alternativen wurden nie geprüft
Da das sogenannte “Bürgerbüro Energiewende” aufgegeben wird, versuchte Bernardi am Ende ihres Auftrittes, das Vorgehen der Firma Tennet bei der Bürgerkommunikation zu rechtfertigen. Von Stadträtin Anni Blüml wie auch von Bürgermeister Martin Tabor war kritisiert worden, dass zu keiner Zeit eine offene und für alle zugängliche Informationsveranstaltung stattgefunden hatte. Die Juraleitung steht seit 2015 im Bundesbesbedarfsplangesetz. Es fanden zu keiner Zeit, weder vor dieser Entscheidung noch zu Beginn der Planungen, mit der Öffentlichkeit ergebnisoffene Gespräche zum Thema Bedarf und Begründung für den Bau einer neuen Stromtrasse statt, kostengünstigere und natur- und menschenfreundlichere Alternativen wurden nie in Erwägung gezogen oder gar geprüft.
Stadtrat Dieter Pletz stellte bezüglich der Umweltfragen fest, dass Übertragungsnetzbetreiber Tennet und die von ihr Beauftragten Firmen wohl kaum alle Belange in zufriedenstellendem Maß in die Planung aufgenommen haben können. Denn: “Ihr habt euch gerade mal im Winter zwei Tage lang umgesehen, da sieht man natürlich nicht viel.” So jedenfalls stehe es laut Pletz auch in den offiziellen Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren. Dagegen wurde seitens Tennet gegenüber den Altdorfer Stadträten behauptet, es seien über zwei Jahre lang detaillierte Begehungen gemacht worden. Auch der jetzt von Rodungen bedrohte Flatterulmenwald und das große Amphibien-Vorkommen seien angeblich vollumfänglich beachtet worden. Was dennoch dazu geführt hat, dass auf diese in den Planungen erkennbar keine Rücksicht genommen wird.
Jahrelang mit Schwerlasttransportern durch Ludersheim
Jakob Escher von der Firma Fichtner, der sich zur Genehmigungsplanung für die Juraleitung äußerte, sorgte mit der Tatsache für Entsetzen, dass die Firma Tennet offensichtlich jahrelang mit Schwerlasttransportern quer durch die engen Straßen der Ludersheimer Wohngebiete fahren will. Stadträtin Anni Blüml stellte fest: “Also uns sind die Wege ziemlich gut bekannt. Drum fragen wir uns, wie Sie zu den Baustellen kommen wollen.” Man könne gerne Alternativvorschläge einreichen, so die kurze und wenig geschickte Antwort von Projektkommunikatorin Bernardi. Aber man müsse da “irgendwie” hin.
Bürgermeister Martin Tabor stellte abschließend fest: “Wir kämpfen für unsere Belange auf Augenhöhe. Da muss ich leider sagen, Frau Bernardi, diese Augenhöhe haben wir vermisst. Es wird dann im Verfahren oder vor Gericht entschieden. Akzeptanzkommunikation ist ja Ihr Geschäftsmodell – aber für uns hat es sich nicht gut angefühlt.”
Text: Dörte Hamann
Titelbild: privat